Home
Suche
auf Syfo
/Search Syfo Pages
Other Languages/
Otras Lenguas
Kontakt
Impressum
| |
Oasen in der Wüste?
Nach dem Buch über die Föderation Freiheitlicher Sozialisten im Jahre 2002
brachte Hans Jürgen Degen nun ein zweites Buch über die
freiheitlich-emanzipatorische Bewegung in Deutschland der Jahre von 1945 bis
1970 heraus mit dem Titel „Die Wiederkehr der Anarchisten“. Anarchistische
Versuche 1945-1970. Wie der Titel schon sagt, hat das Buch mit Syndikalismus im
Allgemeinen nicht viel zu tun, stattdessen finden sich eine Menge Anarchogruppen
und Protagonisten, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Für
Syndikalisten sind interessant die biographischen Skizzen und Versatzstücke
derjenigen, die vor und nach 1945 der syndikalistischen Bewegung angehörten, ob
als Syndikalisten oder eher als Anarchisten, und auch in diesen anarchistischen
Kreisen nach 1945 mitwirkten. Dazu zählen Hans Weigl aus München, Georg Hepp aus
Frankfurt, Curt Moeller aus Aachen, Willi Paul aus Kassel, Hermann Ritter,
Helmut Rüdiger, Rudolf Rocker, Augustin Souchy (mit eigenem Kapitel) und, was
kaum bekannt ist: Friedrich Harjes aus Worpswede, welcher Anfang der 1920er
Jahre Gründungsmitglied der dortigen FAUD war; eine der wenigen
landwirtschaftlich orientierten Gruppen in dieser anarcho-syndikalistischen
Gewerkschaft. Besonders interessant sind die Kapitel zum „Bund freier
Sozialisten und Anarchisten“ und dem Organ „Neues Beginnen“/“Zeitgeist“, das
Kapitel zu Erich Gerlach, einem langjährigen niedersächsischen MdL (SPD), der
dem Syndikalismus sehr nahe stand und eines zu Augustin Souchy.
Natürlich mussten diesen eher rein anarchistischen Zirkeln auch gerade
diejenigen Personen angehören, welche in der Weimarer Zeit gegen die
syndikalistische Bewegung agierten, namentlich Rudolf Östreich und Rudolf
Großmann. Hier treffen wir sie wieder, genau in der Versenkung wie schon in den
1920/30er Jahren. Und hier wird ein Faktor offenbar, warum die anarchistischen
Initiativen unter sich blieben: Niemand interessiert sich für die Marotten ihrer
Protagonisten. Ein Punkt, der im Buch leider nicht erwähnt wird.
Sehr gut herausgearbeitet ist die Tatsache, dass es sich bei den meisten
Neo-Anarchisten lediglich um Anarcho-Marxisten handelte, welche von der alten
Bewegung abgeschnitten waren und in aller Regel wenig kundig, ideologische
Versatzstücke munter durcheinander würfelten und dies dann als Theorien
verkündeten. Degen führt bei seiner Ausarbeitung einen reichen Schatz an Quellen
heran, die für weitere Forschungen ein Augenschmaus sind.
Der Hauptverdienst ist, dass jedem Versuch ernsthaft nachgegangen wird, auch
wenn meistens festgehalten werden musste, dass es eben nur Versuche waren. Das
Buch ist gründlich recherchiert und von monumentaler Statur. Wer sich für reinen
Anarchismus samt Unterarten interessiert, wird hier reichlich fündig: Voilà!
Hans Jürgen Degen: „Die Wiederkehr der Anarchisten“ Anarchistische Versuche
1945-1970, Verlag Edition AV, Lich 2009, 517 S., 24,50 Euro
H.D. für www.syndikalismusforschung.info, Juli 2009
Hans Jürgen Degen: "Die Wiederkehr der Anarchisten"
Anarchistische Versuche 1945-1970
Im gesamtgesellschaftlichen politischen Rahmen, in seiner politischen
Wirksamkeit war der Anarchismus in Deutschland nach 1945 marginal. Dennoch hat
er unzweifelhaft Denkanstösse und Impulse für vielfältige politische
Diskussionen abgegeben. Offengelegt wurde dies von verschiedenen Autoren (s.
z.B. Kapitel III.: Anarchismus-Rezeption) und Forschern (siehe z.B. Kapitel II.:
Einleitung); nicht zuletzt auch von Publizisten (siehe z.B. Kapitel VI.: Arnold
Künzli). Auch Hans-Joachim Bloch, Direktor beim BRD-Verfassungsschutz, notabene
kein Sympathisant des Anarchismus, entdeckte (zwar eingeschränkt) 1989 Positives
im Anarchismus: „Der Anarchismus hat schon frühzeitig Kritik an den Gefahren der
modernen Zivilisation geübt – und damit einen gewissen Realitätssinn bewiesen.
Um so unverständlicher ist sein grenzenloser, gefährlicher Optimismus
hinsichtlich der Anarchie: Ist einmal der Staat beseitigt, dann wird sich alles
zum Guten wenden!“
ISBN 978-3-86841-015-0 - 523 Seiten - 24,50 € - Verlag Edition AV
| |
Seit_2007
Since 2007
|