Das Informationsportal zur Geschichte der syndikalistischen Arbeiterbewegung

 

Institut für Syndikalismusforschung

 

 

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Karl Dingler:

Ein Winterabend und das Buch (Auszug):

"...Weltteile und Ozeane bieten dem Flieger keine Grenzen mehr. Wir hören und sehen fern. Am fließenden Band produzieren wir ungeheure Mengen von Gütern. Die Menschheit ist unermesslich arm geblieben. Was nützt aller gesellschaftliche Reichtum, wenn Du selber ein armer Teufel bleibst. Unsere Wirtschaft hat nicht mehr den natürlichen Zweck der Bedürfnisbefriedigung, der Ernährung und Bekleidung der Menschen. Sie ist ein Tollhaus geworden, in dem sinn- und planlos alles produziert wird, was Geld gibt. Denn Geld heißt der neue Gott, dem Menschenglück, Daseinsfreude, Lebensharmonie und Frieden geopfert wird. Langsam frisst dieser Moloch dem Menschen Herz und Seele.
Die grandiose Entwicklung der Technik hätte zum Segen der Menschheit werden können, sie ist zum Fluche geworden. Die Maschine, die uns Freund und Helfer sein könnte, hat uns zu ihrem Sklaven gemacht. Die einen klammert sie hart an ihren kalten Eisenleib und die andern macht sie brutal brotlos. Du siehst, dass hier etwas nicht in Ordnung sein kann. Denn die Maschine als Mechanismus und die Technik als Wissenschaft sind nicht die Ursachen dieser wirtschaftlichen Disharmonie. Diese liegen vielmehr in der Rückständigkeit unserer Gesellschaftsorganisation. Man kann auch so sagen: Die Produktivkräfte sind der sozialen Struktur unserer Gesellschaft weit vorausgeeilt!
Wollen wir also unser Teil dazu beitragen, dass dieser Vorsprung der Technik wieder aufgeholt wird. Die neue Gesellschaft muß so beschaffen sein, dass die Segnungen von Technik und Wissenschaft ALLEN Menschen zugute kommen. Fortan soll nicht mehr "der faule Bauch verprassen, was fleißige Hände erwarben".
Wenn wir wollen, dass es uns besser geht, wenn eine neue Ordnung der Dinge werden soll, dann muß sie von unten, aus der Tiefe des Volkes kommen. Und soll das Neue gut sein und Bestand haben, so müssen die Männer des Volkes sich heute schon Erkenntnis und Wissen aneignen, damit sie diese Fähigkeiten zur Neukonstruktion entwickeln können, denn das Wort bleibt stehn: "Uns aus dem Elend zu erlösen, das müssen wir schon selber tun." Zu dieser Erkenntnisverbreitung ist die Literatur, das freiheitliche Buch, eines der wichtigsten Mittel. Auf die Köpfe kommt es an.

Aus: "Besinnung und Aufbruch" - Organ der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde - Nr. 9/1931

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