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Ein Jahr Schöpfung
Mit der vorliegenden Nummer tritt die Schöpfung in das zweite Jahr ihres
Bestehens ein. Wenn wir diese Tatsache zum Anlaß nehmen, sich mit einigen kurzen
Worten ihrer zu erinnern, so dürfte das in der Besonderheit unseres Organs
liegen. Denn schließlich: Ein Jahr, was will das besagen in dem ewigen Kreislauf
der Dinge, und ein Organ mehr oder weniger, was spielt das in der Fülle der
Gesamterscheinungen für eine Rolle. Und doch verknüpft sich mit der Schöpfung
ein Stück Geschichte der syndikalistisch-anarchistischen Bewegung. Es war der
erste Versuch in Deutschland, unserer Bewegung eine Tageszeitung zu schaffen,
deren Ausgestaltung zwar mit mancherlei Schwächen behaftet war, die aber trotz
alledem als ein hervorragendes Werbemittel für die Entwicklung unserer Ideenwelt
angesehen werden mußte. Wenn der Wurf nicht zum ersten Male gelang, so tut das
der Wichtigkeit der Idee und der Notwendigkeit ihrer Durchführung keinen
Abbruch. Nachdem in Rheinland-Westfalen der Boden für die Gründung einer
syndikalistisch-anarchistischen Tageszeitung streckenweise sehr stark
vorbereitet worden war, zwang der von unten auf einsetzende Druck ihre
Verwirklichung uns sozusagen von selbst auf. So erblickte denn am 1. Juli 1921,
nach umfangreichen Vorbereitungen und vielen Sitzungen und Beratungen, die
Nummer 1 der Schöpfung das Licht der Welt.
Die Würdigung alles dessen, was, mit unserm Organ verbunden, hinter uns liegt,
wird vielleicht einmal einer späteren Zeit vorbehalten bleiben müssen.
Bekanntlich hat die Schöpfung keineswegs restlose Anerkennung in unserer
Bewegung gefunden und erfreut sich ihrer auch heute noch nicht. Das wollen wir
an dieser Stelle ohne Bitterkeit, aber doch den Tatsachen gemäß, aussprechen. Es
ist ihr so gegangen, wie allen Neuen, das in keineswegs vollkommener Gestalt
Geltung zu erlangen versucht. Wäre der Baum gleich auf den ersten Hieb gefallen,
so hätte sich der ursprüngliche Pessimismus wahrscheinlich in Optimismus
verwandelt, und das Werk der rheinisch-westfälischen Kameraden wäre vermutlich
ebenso gelobt worden, wie es vielfach getadelt wurde.
Unbeeinflußt aber ob der Parteien Gunst oder Haß soll sich die Schöpfung trotz
alledem durchsetzen. Das wird sicher der Auffassung des größten Teiles der Leser
entsprechen. Allen Föderationen, die mit Energie das Werk aufbauen halfen, und
sie ist zum Teil stark darin zum Ausdruck gekommen, sei am ersten Jahrestage
noch einmal die Anerkennung darüber ausgesprochen. Wenn der Gedanke der
Tageszeitung nicht durchgehalten werden konnte, vielmehr nur vom August bis
November 1921, so lag das an den großen Schwierigkeiten, die gerade für ein
syndikalistisch-anarchistisches Tagesorgan sich einstellten. Diese sachlich zu
würdigen und sie nutzbringend zu verwerten, soll einmal einer besonderen
Betrachtung vorbehalten bleiben. Deshalb sind die Bemühungen der Ortsgruppe um
so höher zu bewerten. Da der Gedanke der Tageszeitung nicht fallen gelassen ist,
beweisen die Wünsche zahlreicher Kameraden, sie als solche wieder zu besitzen.
Hoffen wir, dass sich dieser Wunsch, wenn auch nicht sofort, so doch mit der
Zeit verwirklichen läßt, dergestalt etwa, dass zunächst eine
zweimalige-wöchentliche Herausgabe ermöglicht würde.
So trete denn die Schöpfung in den zweiten Jahrgang ein mit dem Leitgedanken,
praktisch verwirklicht:
„Die Befreiung der Arbeiterschaft kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst
sein“.
Aus: „Die Schöpfung“, 2. Jg., Nr. 1 (06.06.1922)
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