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„…mitten auf einem revolutionären Fest“
Biographie von Abel Paz erschienen
Wer schon einmal einer überwiegend von Studierenden besuchten Veranstaltung mit
dem Zeitzeugen der Spanischen Revolution, Abel Paz, beigewohnt hat, wird diese
möglicherweise enttäuscht wieder verlassen haben. Eingenebelt vom eigenen
Zigarrenqualm und auf einem Sessel gemütlich zurückgelehnt, lässt dieser kleine,
gebrechlich erscheinende über 80-jährige Mann kaum eine Gelegenheit aus, auf
Fragen zur revolutionären Geschichte Spaniens mal lakonisch, mal barsch zu
reagieren. Manchmal wirkt er geradezu griesgrämig. Er weiß es und spielt mit dem
Publikum, lässt es auflaufen. Die Spanische Revolution sei Vergangenheit,
unwichtig für heute. Auch bei Fragen zur Gegenwart gibt er sich eher
verschlossen.
Wer dort jedoch den Büchertisch aufsucht, wird feststellen können, dass Abel Paz
nicht nur als Biograph Durrutis sehr viel zu erzählen hat, sondern auch seine
eigenen Lebenserfahrungen in erkenntnisreichen Sätzen zusammenfassen kann. Hier
bietet sich ein Zugang zu ihm, der sich wirklich lohnt, nämlich nicht über
abgehobene Wissenschaft und vorgegebene Denkstrukturen, sondern über das Leben
als Mensch in seiner Gesamtheit. Wer ihn auf einer Veranstaltung genau
betrachtet, kann dies auch erkennen. Wer den ersten Teil seiner jetzt
erschienenen Biographie, „Feigenkakteen und Skorpione“, liest, weiß es.
Paz, Jahrgang 1921, verbringt seine Kindheit im andalusischen Almeria. Kopf der
in ärmlichen Verhältnissen lebenden Familie ist seine Mutter. Paz lernt auf
eigene Faust lesen und schreiben, macht in sehr jungen Jahren seine ersten
sexuellen Erfahrungen, und wirkt in jeder Phase wissensdurstig – Voraussetzung
für ein spannendes Leben, an dem er uns hintergründig dargeboten bis zum
Ausbruch der Spanischen Revolution im Jahre 1936 teilhaben lässt. Er geht nach
Barcelona zu seinem Onkel, besucht dort eine der modernen weltlichen Schulen,
die nach den Prinzipien des libertären Pädagogen Francisco Ferrer aufgebaut
wurden, und findet Anschluß an die anarcho-syndikalistische Jugendorganisation.
Am Vorabend der Revolution beschreibt er die Stimmung in der Stadt, die
politischen Hintergründe und die unmittelbare Wechselwirkung auf sich und sein
Lebensumfeld. Er gibt uns Einblick in die Arbeiterkultur und schließlich in die
konkreten Vorbereitungen, sich den Faschisten entgegenzustellen. Paz selber ist
zu diesem Zeitpunkt 15 Jahre alt und hat in der Arbeitswelt bereits Erfahrungen
in einer Textilfabrik und als Verkäufer in einem Kiosk gemacht. In letzterer
Eigenschaft bekommt er die Stimmung in der Bevölkerung Barcelonas hautnah mit,
die letzten Tage vor der Revolution lässt er uns in einem Zeitticker miterleben.
Abel Paz erläutert uns die Grundsteine seines Lebens, die ihn schließlich dazu
befähigen sollten, über die Spanische Revolution hinaus im Untergrund gegen den
Franco-Faschismus Widerstand zu leisten, für fast 10 Jahre inhaftiert zu werden
und ins Exil zu gehen, um erst nach Francos Tod nach Spanien zurückzukehren.
Jede Revolution trägt kulturelle Voraussetzungen in sich, so bringt es Paz
schriftlich und verbal zum Ausdruck. Seinem Publikum in den Veranstaltungssälen
hält er dazu gerne mal den Spiegel vor.
Helge Döhring für www.syndikalismusforschung.info
Drei weitere Bände seiner Biographie erscheinen demnächst im selben Verlag.
Verlagsinfo:
Abel Paz: Feigenkakteen und Skorpione. Eine Biographie (1921 – 1936), Verlag
Edition AV, Lich 2008, 182 S., 14 Euro
Kind zu
spielen, wenn man schon über 80 Jahre alt ist, ist nicht einfach. Und es ist
noch schwerer, da ich weiß, dass ich den Spanischen Bürgerkrieg, diese so
kritische, erschütternde und stürmische Periode, gut kenne. Die Zeit vor und
während des Spanischen Bürgerkrieges gehört zur interessanteste der spanischen
Sozialgeschichte. Möglicherweise liegt der hauptsächliche Wert von
„Feigenkakteen und Skorpione“ in der Beschreibung einer Zeit und eines Ortes,
die für die Menschen von heute unendlich weit entfernt sind. In Feigenkakteen
und Skorpione finden sich viele Ereignisse, die meine Jugend geprägt haben und
die letztlich entscheidend für die spanische Geschichte waren: Die Proklamation
der Republik, der Streik in Asturien 1934, das vorrevolutionäre Barcelona und
schließlich, um nur die herausragendsten Ereignisse zu erwähnen, der 19. Juli
1936, das Datum des faschistischen Putsches und der darauf folgenden
revolutionären Antwort. Die Geschichte von libertärer Revolution und
antifaschistischem Widerstand spiegelt sich im Leben des spanischen Anarchisten
Abel Paz wieder. Bereits als 15-jähriger kämpfte er im Bürgerkrieg auf der Seite
der CNT gegen die Franco-Faschisten. 1939 floh er nach Frankreich, kämpfte aber
ab 1942 im Spanischen Untergrund gegen das Franco-Regime, bis er verhaftet und
bis 1953 inhaftiert wurde. Heute lebt Abel Paz in Barcelona.
„Feigenkakteen und Skorpione“ ist der erste Band seiner vierbändigen Biographie,
die in loser Folge im Verlag Edition AV erscheinen sollen.
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