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„Die proletarische Front“

 

Untertitel: Kampforgan der Schwarzen Schar

 

Herausgeber: Schwarze Scharen, Fred Schröder, Möncheberg 8 ½, Kassel

 

Erscheinungsort: Kassel

 

Erscheinungszeitraum:  Nr. 9: April 1931

 

Auflage: 500

 

Redaktion: Willi Paul

 

Inhalt: „Der Brüningfaschismus will die Arbeiterbewegung erdrosseln“, u.a.

 

Wert für die Syndikalismusforschung: Regionalforschung/Schwarze Scharen/Presse- und Zensurgeschichte


 

[1] „Der Syndikalist“, Nr. 12/1931.

[2] Vgl.: „Der Syndikalist“, Nr. 13/1931.

[3] Vgl.: GSTA, Rep. 219, Nr. 72, Bl. 48.

[4] Siehe „Der Syndikalist“, Nr. 33/1931.

[5] Vgl.: „Der Syndikalist“, Nr. 17/1932.

[6] „Die proletarische Front“, Nr. 9/April 1931.

[7] „Der Syndikalist“, Nr. 33/1931.

 

 

Geschichte: Im Allgemeinen beschrieben die Kasseler Aktiven ihre Situation so: „Unsere antifaschistische Schwarze Schar, welche eine aktive revolutionäre Tätigkeit an den Tag legt, ist seit ihrem Bestehen einer Kette ununterbrochener Justiz- und Polizeischikanen ausgesetzt. Der Vertrieb unseres Kampforgans ‚Die proletarische Front’ ist dadurch, dass man uns die öffentliche Verkaufserlaubnis verweigerte, unter den schwierigsten Umständen durchzuführen. Verhaftungen von Genossen während des Verkaufs und Beschlagnahmungsversuche von Zeitungen, Verhängung von Geldstrafen werden von Severings Polizeiorganen vorgenommen. Die Justizmaschinerie arbeitet mit Volldampf gegen uns.“[1] Die Kasseler Anarcho-Syndikalisten waren publizistisch sehr rege. Sie schrieben verhältnismäßig viele Berichte im „Syndikalist“ und brachten selber zwei Zeitschriften heraus. Zum einen die unregelmäßig erscheinende „Die proletarische Front - Kampforgan der Schwarzen Schar“ mit einer Auflage von mehreren Hundert Exemplaren in den Jahren 1930 bis 1933. Sie wurde auch über die Kasseler Grenzen hinaus in der Gegend um Suhl verteilt.[2] Sie erreichte eine Auflage von 500 Exemplaren in mindestens sieben Ausgaben. Verantwortlich dafür war der Tischler Willi Paul, unterstützt von Hermann Hannibal.[3] Die Polizei sammelte die einzelnen Ausgaben, und nach Aussagen eines Kasseler Staatsanwaltes handele es sich bei dieser Zeitung um „eine hetzerische und von Beleidigungen gegen die Republik und ihre Beamten wimmelnde Schrift.“ Deshalb beantragte dieser gegen den ermittelten Verantwortlichen Willi Paul sechs Monate und gegen den Kolporteur Hannibal drei Monate Gefängnisstrafe. Das Kasseler Schöffengericht, welches die stets wiederkehrenden Aktiven mittlerweile mit Handschlag begrüßt haben dürfte, ließ eine Verurteilung Hannibals fallen und legte Mai lediglich eine Geldstrafe auf, „an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe“. Denn die Formulierung „Republik der Bonzen und Geldsäcke“ stelle laut Gericht keine Beleidigung dar. Übrig blieb gegen den sich offensiv mit anarchistischen Grundsätzen verteidigenden Willi Paul die Aufforderung zum Steuerstreik statt des Vergehens gegen das „Republikschutzgesetz“, und die Anarcho-Syndikalisten kommentierten abschließend: „Sieh mal einer an!“[4] Dennoch kam es zu nachträglichen Prozessen in derselben Sache gegen Willi Paul wegen Herstellens der Zeitung. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von zwei Wochen verurteilt.[5] Die „proletarische Front“ sprach sich ansonsten besonders gegen die Regierung Brüning aus und gegen die Notverordnungen: „Der Brüningfaschismus will die Arbeiterbewegung erdrosseln.“[6] Bericht im „Syndikalist“: „In der Nummer 23 des ‚Syndikalist’ berichteten wir von einem Prozeß gegen unsere Kasseler Genossen, der mit einem Gefängnisurteil gegen den Genossen Mai wegen Aufforderung zum Steuerstreik endete. Inzwischen standen wieder die Genossen Paul und Hannibal vor dem Schöffengericht, um sich wegen Vergehens gegen das Republikschutzgesetz und ebenfalls wegen Aufforderung zum Steuerstreik durch Redaktion und Verbreitung der ‚Proletarischen Front’ zu verantworten. Genosse Paul verteidigte sich in längeren Ausführungen und begründete durch Hinweis auf unsere Theoretiker die anarchistische Beurteilung des Staates. Der Staatsanwalt bezeichnete die ‚Proletarische Front’ als eine hetzerische und von Beleidigungen gegen die Republik und ihre Beamten wimmelnde Schrift. Er beantragte gegen Paul eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten und eine Geldstrafe von 50 Mark, gegen Hannibal wegen Vertrieb der Zeitung 5 Monate Gefängnis. Das Gericht konnte sich aber doch wohl nicht auf die Haltlosigkeit dieser Anklagen einlassen und verurteilte den Genossen Paul zu einer Geldstrafe von 140 Mark, an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von 4 Monaten’. Interessant war es, dass das Gericht in der Urteilsbegründung ausführte, die Bezeichnung ‚Republik der Bonzen und Geldsäcke’ sei keine Beleidigung. Wie gesagt, das ist die Meinung eines Kasseler Gerichts. Sieh mal einer an!“[7]

Aus: Helge Döhring: Die Presse der syndikalistischen Arbeiterbewegung in Deutschland 1918 bis 1933, Edition Syfo No.1 (2010), 2. Auflage 2012

   

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