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Rezension von Anarr in Graswurzelrevolution, Nr.
317, März 2007
Anarchosyndikalismus in Ostpreußen
Eine Broschüre gegen reaktionäre Erinnerungskultur
Helge Döhring: Anarcho-Syndikalismus in Ostpreußen! 750 Jahre Königsberg nicht
ohne Anarcho-Syndikalisten! Hg. FAU- Bremen. Broschüre, A5, 1. Aufl. Nov. 2006,
44 S., 2,50 Euro*
Nicht nur unter den LeserInnen der zweimonatliche erscheinenden
anarchosyndikalistischen Gewerkschaftszeitung der Freien ArbeiterInnen Union (FAU),
der Direkten Aktion, hat sich der Historiker und FAU- Aktivist Helge Döhring
einen Namen erschrieben. Seinen Artikeln zur Geschichte der Freien Arbeiter
Union Deutschlands (FAUD) folgten eine Reihe von Büchern und Broschüren, mit
denen er wertvolle regionale und personenbezogene Untersuchungen zugänglich
machte und die Gewichtung auf die Analyse der Betriebsarbeit der
anarchosyndikalistischen Gewerkschaft legte. Ihm ist zu verdanken, dass das
Bild, das lange Zeit von der FAUD nach den stürmischen Anfangszwanzigern des
letzten Jahrhunderts gezeichnet wurde, wieder gerade gerückt wurde.
Nicht zuletzt aufgrund einseitiger, „nur-anarchistischer“ Lesart galt die FAUD
geradezu als Organisation, die von Mitte der 20er Jahre bis 1933 lediglich noch
im kulturellen Bereich Aktivitäten und nennenswerten Einfluss entfalten konnte.
Mit „Anarcho-Syndikalismus in Ostpreußen!“ wendet sich Helge Döhring erneut
seinen akribisch betriebenen regionalgeschichtlichen Forschungen zu. Und wieder
ist es ihm gelungen, mit der nun vorgelegten Broschüre einen weiteren weißen
Fleck von der Landkarte zu tilgen.
Warum gerade „Ostpreußen“**? – Die Antwort darauf gibt der Autor im Vorwort
selbst.
Die Arbeit ist nicht als Einstiegslektüre zur FAUD gedacht, sondern baut auf
Vorkenntnissen über die Geschichte der anarchosyndikalistischen Bewegung in
Deutschland auf. Dennoch bietet sie Informationen und Anregungen über die
Entdeckung und das Zusammentragen von Spuren in der Region hinaus.
Besonders das Kapitel über das „Sturmvolk- Bund revolutionärer Jugend
Deutschlands“ bietet in seiner Reichhaltigkeit an Quellentesten auch Anlass,
sich mit de Verfasstheit heutiger Jugendbewegtheit und –kultur
auseinanderzusetzen. Schon die syndikalistisch-anarchistische Jugendbewegung
stellte Fragen, die bis heute nichts an Aktualität eingebüßt haben: Träumerei
oder revolutionäre Organisation, selbstgenügsamer Individualismus oder
proletarischer Klassenkampf? Nicht viel weniger gilt das Gesagte, wenn wir
Kernaussagen ihrer Schilderungen über die Probleme von Lehrlingen und jungen
ArbeiterInnen mit denen der Auszubildenden und BerufsanfängerInnen von heute
vergleichen. Denn am grundsätzlichen Übel hat sich bis heute nichts geändert.
Allerdings auch nichts am fehlenden Selbstorganisierungswillen der
Auszubildenden, die sich, wenn überhaupt, allzu oft den zentralistischen
Gewerkschaften zuwenden und deren Stellvertreterpolitik schon mal in Jugend- und
Auszubildendenvertretungen (JAV) einüben.
Helge Döhring geht es deshalb in seinem Forschungsdrang nicht nur darum, ein ums
andere Kapitel der anarchosyndikalistischen Geschichte für die Bewegung zu
erschließe, sondern v.a. um die Vermittlung von Erfahrungen, um sie für unsere
heutigen Kämpfe nutzbar zu machen.
Anarr
*Die Broschüre ist zu beziehen über: Syndikat-A Medienvertrieb, Bismarckstr.
41a, 47443 Moers, Tel. & Fax: 02841-537316, E-mail: syndikat-a@fau.org
** Nachdem Nazideutschland seinen Terrorkrieg 1945 verloren hatte, verschwand
„Ostpreußen“ 1945 von der Landkarte. Der südliche Teil gehört heute Polen, der
nördliche gehört als Sonderzone zu Russland.
Aus: Graswurzelrevolution, Nr. 317, März 2007
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