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„Aus der freiheitlichen Sängerbewegung Anschließend an das Konzert des Düsseldorfer Gemischten Chors ‚Freiheit 04’, welches am 28. Sept. d.J. in der ‚Stadthalle’ zu Berlin stattfand, tagte im Rosenthaler Hof die Konferenz der ‚Freien-Sänger-Gemeinschaft Deutschlands“. Die FSGD ist eine auf föderativer Grundlage und freiheitlich-sozialistischen Prinzipien aufgebaute Organisation, in welcher alle Arbeiter-Sänger Deutschlands, die diese anerkennen und vertreten, zu einem Bunde vereinigt sind. Entgegen dem ‚Deutschen Arbeiter-Sängerbund’ lehnt die FSGD alle Chorwerke und Gesänge ab, welche nationalistischen, religiösen oder kirchlichen Charakter tragen. Sie betrachtet sich als einen Kulturfaktor auf dem freigeistigen Gebiete innerhalb der Arbeiterbewegung und hat es sich zur Aufgabe gestellt, durch Bildung von Massenchören die Arbeiterschaft vertraut zu machen mit den Wesen der Kunst überhaupt, diese frei zu machen von doktrinärer, professoraler und staatlicher Bevormundung, sie als ein Kulturgut des schaffenden Volkes hinzustellen. Die FSGD ist der Meinung, daß der DASB durch sein verbrämtes demokratisches Prinzip, welches zur Koalierung mit bürgerlichen Chören geführt hat, seine Berechtigung als Arbeiter-Sänger-Bewegung verwirkt hat, vielmehr zu einem Hort der Reaktion herabgesunken ist. Wie auf politischen und gewerkschaftlichen Gebiete die politischen Parteien und Zentralgewerkschaften, die Mutterorganisationen des DASB, es verstanden haben, die Interessen der besitzenden Klasse mit denen der Arbeiterklasse zu versöhnen, durch Interessengemeinschaft die Arbeiterschaft vom Wege des Klassenkampfes abzulenken, in demselben Maße hat der DASB es fertig gebracht, auf Grund seiner zweideutigen Auffassung über Kunst eine ‚geistige Einheit’ zwischen Arbeiter und Bürger herzustellen. Er hat somit große Teile der Arbeiterschaft des proletarischen Empfindens, einer eigenen Denkweise beraubt. Die FSGD hat es als ihre Pflicht betrachtet, dieser Gefahr entgegenzuwirken und durch ihre Organisation eine neue freiheitliche Arbeiter-Sängerbewegung zu schaffen. Ihre Aufgabe soll sein, alle noch proletarisch denkenden und fühlenden Arbeiter-Sänger zu sammeln und zu vereinigen, um somit der Reaktion auf geistigem Gebiete Einhalt gebieten zu können. Wenn die Konferenz der FSGD, welche am 28. und 29. September 1929 in Berlin tagte, auch nicht die Zahl der Delegierten aufweisen konnte wie bei Konferenzen gegnerischer Organisationen, da wir weder mit finanziellen Zuschüssen von Staats- und Gemeindekassen zu rechnen haben, so war es doch ein freudiges Erleben für diejenigen, welche die Notwendigkeit der Sache erkannt haben, zu sehen, wie sich Menschen allerorts aus dem Reiche finden und mit Begeisterung und frohem Mut für eine freie Arbeiter-Sängerbewegung eintreten. Ein Zeichen, dass das große Gebilde des einstmals so vielversprechenden DASB morsch und faul ist. Der wesentlichste Punkt, welcher für uns als gewerkschaftlich organisierte Syndikalisten und jeden sich revolutionär nennenden Genossen Bedeutung hat, war der Bericht des Genossen A. Rosinke – Düsseldorf. Seine Ausführungen besagten, dass zurzeit 40 Vereine der FSGD angeschlossen wären. Es beständen aber noch eine ganze Anzahl anderer Vereine im Reiche, die sich wohl unsere freiheitlichen Grundsätze zu eigen gemacht haben, sich sogar ‚syndikalistische’ Gesangvereine nennen, aber trotzdem noch nicht die Notwendigkeit des Anschlusses an unsere Sängergemeinschaft erkannt haben. Außerdem mache sich immer noch eine besondere Schwierigkeit der Propaganda bei unsern gewerkschaftlich organisierten Genossen bemerkbar, andernteils mangle es an genügender Unterstützung, weil viele die Notwendigkeit unserer Sache noch nicht erkannt haben und ein großer Teil Genossen noch bürgerlichen Chören oder denen des DASB angehört. Trotz aller Bemühungen haben viele Kameraden es noch nicht fertig gebracht, unserem Rufe Folge zu leisten, sondern unterstützen weiter die gegnerischen Organisationen. Es gäbe sogar solche, die eher ihre gewerkschaftliche Organisation fallen lassen, als aus den gegnerischen Chören auszutreten, also ihre Überzeugung, die sie doch als syndikalistisch organisierte Genossen haben sollten, opfern, die Macht der Gewohnheit zu liebe. Ein Zeichen, welche ungeheure Macht und Beeinflussung jene Organisationen ausüben, selbst bis in die Reihen unserer Genossen hinein. Diese Macht gilt es zu brechen. Unsere Aufgabe muß daher sein, in der nächsten Zeit wiederum den Appell an unsere Genossen zu richten, sich mehr für unsere Sänger-Bewegung zu interessieren und sich derselben zur Verfügung zu stellen. Ferner soll in der nächsten Zeit zur Bildung von gemischten Chören übergegangen werden, um somit unsere Frauen, Mädchen und Jugendlichen, die ebenfalls zum großen Teil anderen Chören angehören, zu erfassen und ihnen die Möglichkeit zu geben, mit uns gemeinsam für unsere eigene Sache wirken zu können. Sozialdemokratie und Bürgertum sind nicht allein deshalb so stark, weil sie über politische und gewerkschaftliche Organisationen verfügen, sondern auch dadurch, dass sie es verstehen, durch Bildung von Gemischten-, Jugend- und Kinderchören einen dauernden Nachwuchs für sich zu schaffen, der uns so bitter not tut. Unseren Frauen die Möglichkeit zu geben, sich auch auf diesem Gebiete zu betätigen, soll unsere Aufgabe sein. Haben wir die Frauen gewonnen, werden wir auch mit der Jugend rechnen dürfen. Darum, Genossen und Genossinnen, auf ans Werk! Heraus aus allen gegnerischen Chören, schaffen wir uns selber unser eigenes Werk nach unserm Willen! Männer und Frauen, nun auf zur Tat! Die Freie Sänger-Union Berlin wird deshalb in der nächsten Zeit einen diesbezüglichen Aufruf an alle Kameraden und Kameradinnen ergehen lassen und hofft auf freudige Mitarbeit. Freie Sänger-Union Berlin: Teschner“ Aus: Der Syndikalist, Nr. 43/1929
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