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Organisationsstatut der FAUD (A.-S.)
I. Zusammensetzung, Zweck und Sitz
Die Freie Arbeiter-Union Deutschlands (Anarcho-Syndikalisten) setzt sich
zusammen aus Industrieföderationen (Gewerkschaftsbünden) und solchen
Organisationen (Ortsvereinen oder Betriebsvereinen; letztere haben sich zu
Ortsvereinen zusammenzuschließen), für die eine Föderation noch nicht besteht,
soweit diese sowohl den auf Verbesserung der Lebenshaltung und
Arbeitsbedingungen gerichteten Tageskampf führen wollen und die Bestrebungen
sich zu eigen machen, die in der Prinzipienerklärung ihren Ausdruck finden.
Zur FAUD (A.-S.) können nicht gehören solche Gewerkschaften die den Klassenkampf
verleugnen und statt der Gegensätzlichkeit eine Gemeinschaft der Interessen
zwischen Unternehmertum und Arbeiterklasse anerkennen und erstreben.
Die FAUD (A.-S) bezweckt die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen,
kulturellen, sozialen und geistigen Interessen ihrer Mitglieder. Sie lehnt jede
parteipolitische Beeinflussung und Tätigkeit ab.
Dieser Zweck soll erreicht werden durch:
1. Einheitlichen Zusammenschluss aller zu bestimmten Berufen, Gewerben und
Industrien gehörenden Mitglieder in Industrieföderationen zu gemeinsamem Handeln
im Rahmen ihrer beruflichen, gewerblichen oder industriellen Interessen;
2. Erzielung möglichst günstiger Arbeits- und Lohnbedingungen;
Dies soll erreicht werden durch:
a) Beeinflussung der öffentlichen Meinung vermittels mündlicher und
schriftlicher Information über den Stand der Lohn- und Arbeitsbedingungen in den
verschiedenen Bezirken, Berufen, Gewerben unter Gegenüberstellung der Lage des
Arbeiters, der Gewinne der Unternehmen und der Lebenshaltungekosten;
b) Gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen;
c) Abschluß von Vereinbarungen über die Höhe der Arbeitslöhne, die Länge des
Arbeitstages, des Urlaubs sowie die Rechte, welche sich durch das
gewerkschaftliche Zusammenwirken in den einzelnen Berufen, Gewerben und
Industrien für die Mitglieder ergeben.
Durchführung der für die Verbesserung der Lebenslage und Regelung des
gewerkschaftlichen Lebens gefassten Beschlüsse;
Einwirkung auf die soziale Entwicklung im Interesse der Arbeiterschaft und
Erkämpfung eines ausgeprägten Mitbestimmungsrechts in allen Fragen des
gewerblichen Lebens;
Gewerkschaftliche, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Belehrung der
Mitglieder in Wort und Schrift;
Herausgabe des Organisationsorgans,
Bildung von Jugend- und Lehrlingssektionen und Einwirkung auf das
Lehrlingswesen;
Aufstellung von Statistiken in den einzelnen Berufen, Gewerben und Industrien;
Pflege der Solidarität unter der Gesamtmitgliedschaft und der Kollegialität
unter den Angehörigen der einzelnen Berufe.
Ferner dient den Zwecken der FAUD (A.-S.):
1. Unterstützung bei Streiks, Aussperrungen und Maßregelungen;
2. Gewährung von unentgeltlichem Rechtsschutz bei allen Streitigkeiten aus dem
Arbeitsverhältnis und der Sozialversicherung. Der Sitz der FAUD (A.-S.) ist
Berlin.
II. Mitgliedschaft
Mitglied der FAUD. (A.-S.) kann jede Arbeiterin und jeder Arbeiter sowie
Angestellte werden. Die Erwerbung der Mitgliedschaft erfolgt nach Maßgabe der
Berufszugehörigkeit am Wohn- bzw. Arbeitsort. Einzelmitglieder schließen sich
dem nächstliegenden Ortsverein oder der Geschäftsleitung ihrer
Industrieföderation an.
Bei Eintritt sind ein Eintrittsgeld in Höhe von ..... Mark und zwei
Wochenbeiträge sofort zu zahlen. Mitglieder, die von anderen gewerkschaftlichen
Organisationen übertreten, sind vom Eintrittsgeld befreit, wenn sie dort ihre
Verpflichtungen erfüllt haben.
III. Beitrag
Unter allen Umständen ist jeder Ortsverein verpflichtet, mindestens einen
Stundenlohn als ordentlichen Wochenbeitrag von den beschäftigten Mitgliedern das
ganze Jahr hindurch zu erheben, der durch Einkleben der Beitragsmarke in das
Mitgliedsbuch bestätigt wird. Bei Saisonarbeitern kann die Zahl der
Beitragswochen beschränkt und in die Zeit der Arbeitsmöglichkeit verlegt werden.
Auf alle Fälle muss der Beitrag im Jahre mindestens die Höhe eines ganzen
Wochenlohnes ereichen. Der Wochenbeitrag darf jedoch nicht unter 50 Pf.
betragen.
Dieser ordentliche Beitrag darf zu keinem anderen Zweck als zur Pflege der
Organisation, für Bildungswesen, Propaganda, Solidarität bei Streiks und
Aussperrungen, Unterstützung Gemaßregelter und für Rechtsschutz verwendet
werden. Für alle etwaigen weiteren Unterstützungen sind Extrabeiträge zu
erheben.
IV. Austritt und Ausschluss
a) Austritt : Der Austritt aus der FAUD (A.-S.) ist zu jeder Zeit gestattet,
b) Ausschluss : Der Ausschluss eines Mitgliedes kann durch die
Mitgliederversammlung seines Ortsvereins erfolgen, wenn es
1. sich beharrlich weigert, den Organisationsbeschlüssen nachzukommen;
2. mit dem regelmäßigen Beitrag, ohne Stundung erhalten zu haben, länger als
acht Wochen im Rückstande ist;
3. Handlungen begeht, die die Interessen der FAUD (A.-S.) schädigen und ihren
Grundsätzen zuwiderlaufen.
Den Ausgeschlossenen steht das Recht der Appellation an die für sie zuständigen
Arbeitsbörsen zu.
Ortsvereine, die dauernd den Kongressbeschlüssen zuwiderhandeln, müssen aus der
FAUD (A.-S) ausgeschlossen werden. Arbeitsbörsen. und Industrieföderationen
können solche Gruppen aber nur aus ihrem engeren Organisationsrahmen
ausschließen. Sie haben dies der Geschäftskommission nebst Begründung zu melden.
Von der Abführung der Pflichtbeiträge an die ausschließenden Instanzen befreit
sie indes der schwebende Streit nicht.
Ein gänzlicher Ausschluss von Organisationen aus der FAUD (A.-S.) kann nur auf
einem Reichskongress erfolgen. In dringenden Fällen kann auf Antrag auch der
Reichsrat einen solchen Ausschluss beschließen.
V. Pflichten der Mitglieder
Jedes Mitglied ist verpflichtet, sich im Sinne der Satzungen, der Kongress
Föderations-, Arbeitsbörsen- und Ortsvereinsbeschlüsse zu betätigen.
Vl. Erlöschen der Mitgliedschaft
Weder während der Mitgliedschaft noch nach ihrem Erlöschen steht den einzelnen
Mitgliedern oder ihren Rechtsnachfolgern ein Anspruch auf das
Organisationsvermögen zu.
VII. Rechtsschutz
Die Pflege des Rechtsschutzes der Mitglieder in Streitfällen, die aus dem
Arbeitsverhältnis und der gewerkschaftlichen Propaganda erwachsen, sowie
solchen, die aus dem Krankenkassen-, Alters- und Invaliditäts- sowie
Unfallversicherungs- oder Knappschaftsgesetz entspringen, ist zunächst Aufgabe
der einzelnen örtlichen Organisationen. Gehen aber die geistigen wie
finanziellen Anforderungen, die eine gründliche Durchführung einer Klage
erheischt, über die Kräfte eines Ortsvereins hinaus, dann hat dieser
1. der Ortsbörse (wo eine solche besteht) den Fall vorzutragen, und diese nimmt
sich der Klage an, wenn sie begründet ist. Für die finanzielle Durchführung
haben dann alle Ortsvereine des Börsenbezirks gemeinsam prozentual ihres
Mitgliederbestandes einzustehen;
2. Ortbörsen sowie isoliert stehende Ortsvereine, also solche, an deren Ort
keine Börse besteht, haben sich im Unvermögensfalle an ihre zuständige
Kreisarbeitsbörse zu wenden;
3. Die Kreisarbeitsbörsen wenden sich an ihre zuständigen Provinzarbeitsbörsen,
und diese, wenn auch sie nicht mehr helfen können, wenden sich an die
Geschäftskommission, welche dann. wie in der Unterstützung von Streiks, so auch
in der Rechtsschutzfrage handelt.
VIII. Streiks und Aussperrungen und Ihre Unterstützung
Die Vorbereitungen zu Lohnbewegungen haben in den Mitgliederversammlungen zu
geschehen. Umfasst eine Lohnbewegung einen größeren Bezirk, dann haben alle an
ihr beteiligten Organisationen der FAUD (A.-S.) die Pflicht in besonderen
gemeinsamen Konferenzen Richtlinien über die Führung der Bewegung aufzustellen.
Bei Streiks und Maßregelungen wird die Unterstützung vom ersten Tage an bezahlt.
Die Höhe der Unterstützung regelt sich nach der Höhe des Beitrages. Sie darf
jedoch in keinem Fall den dreieinhalbfachen Wochenbeitrag pro Tag übersteigen,
der innerhalb eines Bezirkes durchschnittlich geleistet wird. Wenn ein
Gemaßregelter durch Gewinnen eines Prozesses den Lohn in Höhe der doppelten
Unterstützung erhält, so hat er das Mehr an die Organisation zurückzuerstatten.
Jeder Ortsverein hat, um ein gemeinsames Zusammenwirken von vornherein zu
gewährleisten, wenn er in einen Angriffs- oder Abwehrstreik eintreten will oder
ausgesperrt werden soll, dieses möglichst frühzeitig der Geschäftsleitung seiner
zuständigen Kreis- oder Provinzarbeitsbörse zu melden und über alle
Einzelheiten, die hierbei in Frage kommen. Auskunft zu erteilen.
Bei jedem Streik, der nach kurzer Zeit vom Ortsverein selbst nicht mehr getragen
werden kann und auf Solidarität gestützt wird, ist der Ortsverein nur dann zum
Empfang der Solidarität berechtigt, wenn er seinen Verpflichtungen gerecht
geworden ist, d. h. wenn alle am Streik Beteiligten schnellstens durch ihre
Funktionäre der zuständigen Arbeitsbörse gemeldet werden und fortlaufend
wöchentlich über die Streikbeteiligung neu berichtet wird. Nur nach Erfüllung
dieser Forderung kann Solidarität beansprucht werden und wird solche ausgegeben.
Die Ausübung der Solidarität geschieht zunächst aus den Mitteln des Ortsvereins
selbst, wenn diese erschöpft sind, durch die Ortsbörse und darüber hinaus durch
die Kreis- und Provinzarbeitsbörse. Nimmt ein Kampf aber größere Dimensionen an,
so dass die zuständige Provinzarbeitsbörse allein nicht mehr in der Lage ist,
die nötigen Unterstützungssummen in ihrem Wirkungskreis allein aufzubringen,
dann wendet sich diese an die Geschäftskommission, die dann die Aufgabe hat,
sämtliche Ortsvereine und Börsen zu gemeinsamer Solidarität aufzurufen. Die
Solidaritätsgelder sind dann zwecks, Registrierung von den Ortsvereinen ihren
zuständigen Provinzarbeitsbörsen oder Kreisbörsen zuzusenden und von diesen, mit
Ausnahme derjenigen Börse, in deren Bereich der Kampf entbrannt ist, an die
Geschäftskommission. Diese hat dann der betreffenden Provinzarbeitsbörse oder
einer von dieser benannten Stelle die bei ihr eingelaufenen Gelder zu
übermitteln, die nur als Solidaritätsgelder und nicht als Darlehen zu betrachten
sind.
Jeder im Kampf stehende Ortsverein hat wöchentlich seiner Kreis- bzw.
Provinzarbeitsbörse, der Geschäftskommission und den Geschäftsleitungen der
Industrieföderationen einen genauen Bericht über die Zahl der Streikenden, die
Höhe der Unterstützung, die Erhebung von Extrabeiträgen sowie über den Verlauf
des Kampfes zu geben.
Nach Beendigung solcher Streiks und nach erfolgter Abrechnung sind die
überschießenden Beträge der Geschäftskommission zur Verwendung bei späteren
Kämpfen zu überweisen.
Grundsätzlich wird von jedem Ortsverein erwartet, dass er alles aufbietet, seine
Kämpfe mindestens 14 Tage selbst unterstützen zu können. Reichen hierzu die
regelmäßigen Wochenbeiträge nicht aus, so hat der Ortsverein möglichst vorher
Extrabeiträge zu erheben und solche auch während des Kampfes von etwa in Arbeit
Stehenden zahlen zu lassen.
Streikunterstützung aus Organisationsmitteln darf nur an Mitglieder gezahlt
werden, die der Organisation mindestens drei Monate (13 Wochen) angehören und
ihre Verpflichtungen erfüllt haben.
Bei Massen- oder Generalstreiks aus wirtschaftlichen oder politischen Ursachen
wird finanzielle Unterstützung nicht gewährt.
Jeder selbständige Ortsverein ist verpflichtet, sich einen Solidaritätsfonds zu
schaffen, durch welchen es möglich ist, bei einem Solidaritätsaufruf sofort das
nötige Geld. mindestens aber einen Stundenlohn pro Mitglied der aufrufenden
Körperschaft zur Verfügung stellen zu können.
Ortsvereine. welche sich an der Unterstützung der Kämpfe trotz finanzieller
Möglichkeit ihrerseits nicht beteiligen, haben kein Recht, die Solidarität
anderer Organisationen in Anspruch zu nehmen und können eventuell durch
Kongressbeschluss aus der FAUD (A.-S.) ausgeschlossen werden.
Um mit der streikenden Organisation In engster Fühlung zu sein und allen etwa
von außen an sie ergehenden Anfragen genügen zu können, ist diese verpflichtet,
die Geschäftsleitung der Orts-. Kreis- oder Provinzarbeitsbörse zu ihren
Sitzungen hinzuzuziehen. Diese hat aber nur beratende Stimme und kann für die
Beschlüsse solcher Sitzungen nicht verantwortlich gemacht werden.
IX. Gliederung
Die Organisationen in jedem Orte sind möglichst nach Industrien aufzubauen.
Handelt es sich um Großbetriebe, dann benennt sich die Organisation nach dem
Industriezweig, dem der Betrieb vorwiegend dient, so z.B. nach der Bau-,
Bergwerks-, Bekleidungs-, Holz-, der keramischen, Metall- oder chemischen
Industrie, dem graphischen oder Verkehrsgewerbe; nach der Nahrungsmittel-,
Wasser-, Gas- oder Elektrizitätsversorgung, der Landwirtschaft usw.
In kleineren Orten und überall dort, wo vorerst nur wenige Mitglieder vorhanden
sind, die der FAUD (A.-S.) angehören wollen, schließen sich diese der Föderation
an, aus deren Industrie sich der größte Prozentsatz rekrutiert. In Vereinigungen
aller Berufe sind diejenigen Hand- und Kopfarbeiter zusammenzufassen, für die
eine besondere Industrieföderation am Orte noch nicht besteht.
Wenn aber in diesen Sammelstätten eine größere Anzahl von Angehörigen derselben
Industrie vertreten sind, bilden diese, falls sie sich stark genug dazu fühlen,
eine selbständige Organisation für die betreffende Industrie. Mangelt es aber an
den Voraussetzungen, die für eine selbständige Organisation nötig sind, dann
formieren diese Mitglieder innerhalb der Vereinigung aller Berufe eine Sektion
und schließen diese der zuständigen Industrieföderation an.
Industrieföderationen
Alle Vereinigungen derselben Industrie bilden für sich eine Industrieföderation
für das ganze Reich. Ausführendes Organ der Föderation ist die auf der
Föderationskonferenz gewählte Geschäftsleitung.
Die Industrieföderationen erkunden In erster Linie mit Hilfe ihrer
Geschäftsleitungen die in ihrer Industrie herrschenden Arbeitsmethoden,
Arbeitszeit- und Lohnverhältnisse. Sie suchen die Art der Produktionswelse zu
ergründen, ebenso die Bezugsquellen der Rohprodukte und deren Gewinnung, die
Absatzgebiete der Fertig- und Halbfertigfabrikate usw. und suchen an Hand
gemachter Erhebungen und Studien den Mitgliedschaften durch Wort und Schrift das
nötige Wissen zu vermitteln, bei ihnen das Klassenbewusstsein zu fördern und
gegebenenfalls die zweckentsprechende Kampfestaktik zu empfehlen.
Die Industrieföderationen verbinden sich miteinander zu einer
Arbeitsgemeinschaft. Sie wählen zu diesem Zweck auf ihren Reichskonferenzen je
einen Vertreter und einen Stellvertreter in den „Reichsrat der
Industrieföderationen“ zu dem Zweck gemeinsamen Handelns bei unvorhergesehenen
Fragen.
Arbeitsbörsen
Bestehen an einem Ort oder in einem engeren Bezirk mehrere Ortsvereine, die der
FAUD (A.-S.) angehören, so haben sich diese zu einer Arbeitsbörse
(Gewerkschaftskartell) zusammenzuschließen, deren Aufgabe es ist, die örtlichen
Interessen aller ihr angeschlossenen Organisationen und Mitglieder jederzeit zu
beraten und für diese gemeinsam einzutreten.
An jedem Ort darf nur eine Arbeitsbörse bestehen.
Die Arbeitsbörsen schließen sich zu Kreisarbeitsbörsen, darüber hinaus zu
Provinzarbeitsbörsen zusammen. Eine Provinzbörse kann nur aus Kreisbörsen
gebildet werden. Jede Arbeitsbörse wählt sich auf einer eigens zu diesem Zweck
einberufenen Konferenz zur Verwaltung ihrer Obliegenheiten eine
Geschäftsleitung.
Die Provinzarbeitsbörsen sehen in der Geschäftskommission die
Reichsverbindungsstelle sämtlicher Börsen. Sie haben die Aufgabe, mit der
Geschäftskommission gemeinsam für die Intensivste Agitation zu sorgen, die
Organisationen geistig und agitatorisch anzuregen und diesen mit Rat und Tat
jederzeit zur Seite zu stehen, sich bei Streiks und Aussperrungen für die nötige
Solidarität einzusetzen und diese den bedürftigen Stellen zu vermitteln.
Gegebenenfalls haben sie auch dem Rechtsschutz zu dienen.
Der Verkehr aller zu einer Provinzarbeitsbörse zusammengeschlossenen Ortsvereine
mit der Geschäftskommission geschieht in genannten Fragen nur durch ihre
zuständige Kreis- oder Provinzarbeitsbörsen-Geschäftsleitung. Bei der Wahl der
Geschäftsleitungen der Provinzarbeitsbörsen ist möglichst darauf zu achten, dass
Angehörige von allen vorhandenen Industrieföderationen darin vertreten sind.
X. Verwaltung der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (A.-S.)
Beschließende und ausführende Organe der FAUD (A.-S.) sind:
1. die Generalversammlungen der Ortsvereine;
2. die Vorstände der Ortsvereine und Ortsbörsen;
3. die Konferenzen der Provinz- und Kreisarbeitsbörsen sowie die
Vollversammlungen der Ortsarbeitsbörsen,
4. die Konferenzen der Industrieföderationen;
5. die Geschäftsleitungen der Provinz- und Kreisarbeitsbörsen;
6. die Geschäftsleitungen der Industrieföderationen;
7. der Reichsrat der Industrieföderationen und Provinzarbeitsbörsen;
8. die Geschäftskommission;
9. der Kongress.
XI. Funktionäre
Jeder Wahlkörper, der Funktionäre der FAUD (A.-S.) wählt, hat jederzeit das
Recht, die von ihm gewählten Funktionäre wieder zurückzuziehen und Neuwahlen
vorzunehmen. Werden gegen einen Funktionär ehrenrührige Beschuldigungen erhoben
und ist die Einberufung des Wahlkörpers nicht sofort möglich, dann entscheidet
bis zum Zusammentritt des Wahlkörpers seine Mitgliedschaft durch Urabstimmung.
Auch eine sich notwendig machende Neuwahl wird in diesem Falle durch
Urabstimmung vorgenommen.
XII. Kongress
Der Kongress bildet die oberste Vertretung der FAUD (A.-S.). Zur Teilnahme an
ihm sind berechtigt:
1. Die Delegierten der angeschlossenen selbständigen Ortsvereine.
2. Die Funktionäre der Geschäftskommission und ein Beisitzer, die Obleute der
Revisoren und der Pressekommission. Diese haben in allen die geschäftliche
Leitung der FAUD (A.-S.) betreffenden Fragen nur beratende Stimme.
Der Kongress prüft die Ausweise (Mandate) seiner Teilnehmer, wählt seine Leitung
und bestimmt seine Geschäftsordnung selbst. Der Abstimmungsmodus kann zweifacher
Art sein:
Bei formellen Fragen wird durch Akklamation der Delegierten abgestimmt.
Bei prinzipiellen, programmatischen Fragen gilt folgende Regelung:
Jeder Ortsverein bis hundert Mitglieder hat eine Stimme. Jeder Ortsverein hat
das Recht, für jede weiteren und angefangenen hundert Mitglieder einen weiteren
Delegierten zu senden, der ebenfalls ein Stimmrecht hat. Sendet ein Ortsverein
bei mehreren hundert Mitgliedern nur einen Delegierten, so hat dieser so viele
Stimmen, wie er weitere angefangene hundert Mitglieder vertritt. Dies ist dahin
zu verstehen, dass mindestens 25 weitere Mitglieder von den angefangenen hundert
Mitgliedern vorhanden sein müssen.
Ein Beschluss wird jedoch den Mitgliedern zur Urabstimmung vorgelegt, falls der
Kongress es für notwendig befindet. Bei Urabstimmungen entscheidet die Anzahl
der in den Ortsvereinen abgegebenen Stimmen.
Alle zwei Jahre mindestens findet ein Kongress statt, der von der
Geschäftskommission einzuberufen ist.
Die Einberufung des Kongresses muss spätestens acht Wochen vor dem Termin der
Tagung durch das Organ der FAUD (A.-S.) erfolgen.
Anträge für die Tagesordnung des Kongresses sind bei der Geschäftskommission
einzureichen. Sie sind spätestens drei Wochen vor dem Stattfinden des
Kongresses- durch das Organ der FAUD (A.-S.) bekannt zugeben.
Zu den Aufgaben des Kongresses gehört:
1. Entgegennahme der Berichte über die Geschäftstätigkeit der
Geschäftskommission, der Revisoren und der Pressekommission;
2. Beratung und Beschlussfassung über alle das Organisationsleben berührende
Fragen;
3. Beschlussfassung über alle eingegangenen Anträge;
4. Wahl der Funktionäre der Geschäftskommission, der Obleute der Revisoren und
der Pressekommission.
Ein außerordentlicher Kongress kann einberufen werden auf Antrag von mindestens
51 Prozent der angeschlossenen Ortsvereine.
XIII. Der Reichsrat
Der Reichsrat der FAUD (A.-S.) setzt sich zusammen aus je einem Vertreter jeder
der vorhandenen Industrieföderationen, je einem Vertreter jeder bestehenden
Provinzarbeitsbörse und den Mitgliedern der Geschäftskommission.
Die Vertreter der Industrieföderationen und der Provinzarbeitsbörsen werden auf
den Konferenzen Ihrer Organisationen gewählt. Für diese Vertreter sind
gleichzeitig auch je ein Ersatzmann zuwählen. der sofort einspringen kann für
den Fall der Verhinderung des ordentlichen Vertreters bei einer einberufenen
Tagung.
Die Funktion aller Reichsratsmitglieder gilt für die Dauer einer
Kongressperiode.
Der Reichsrat tritt jährlich zu ordentlichen Tagungen zusammen, außerdem auch zu
außerordentlichen Tagungen bei dringend wichtigen, tiefeinschneidenden Fragen.
Die Einberufung der Tagungen geschieht durch die Geschäftskommission.
Außerordentliche Tagungen müssen einberufen werden, wenn die Geschäftskommission
oder die Hälfte der anderen Reichsratsmitglieder dies für erforderlich hält.
Einen Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Reichsrats kann
jede Industrieföderation und jede Provinzarbeitsbörse stellen. In diesem Falle
hat die Geschäftskommission sofort die vorgenannte erforderliche Zustimmung der
Reichsratsmitglieder einzuholen. Lehnen diese die antragsgemäße und begründete
Einberufung ab, dann steht den Antragstellern das Recht zu, eine Urabstimmung
der Ortsvereine zu verlangen, die die Geschäftskommission in kürzester Frist
durchzuführen hat.
Aufgaben des Reichsrates sind: Klärung von Differenzen und allen strittigen
Punkten bei innerorganisatorischen Angelegenheiten. Stellungnahme zu den
aktuellen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen des Tages, sobald es das
Gesamtinteresse der FAUD (A.-S.) berührt. Erkundung und Herausarbeitung einer
einheitlich einzuschlagenden Linie bezüglich der Propaganda und Agitation.
Erörterung und Ergründung der auftauchenden Probleme der Zeit.
Der Reichsrat ist befugt, je nach der Situation und in besonderen Fällen
besondere Sachkundige zu seinen Beratungen zuzuziehen.
Der Reichsrat ist während einer Kongressperiode die höchste Instanz der FAUD (A.-S.).
Er ist die beschließende und vollziehende Körperschaft in allen Fragen. sofern
die prinzipielle Grund lade der FAUD (A.-S.) dadurch keine Änderung erfährt. Für
prinzipielle Änderungen ist nur der Kongress zuständig.
Die Beschlüsse des Reichsrates sind ebenso wie Kongressbeschlüsse
allgemeinverbindlich, also bindend für sämtliche Mitglieder der FAUD (A.-S.).
Die Kosten des Reichsrates werden durch Umlage gedeckt.
XIV. Die Geschäftskommission
Die Geschäftskommission ist die oberste ausführende Instanz der FAUD (A.-S.).
Diese hat die Pflicht, die Ideen der FAUD (A.-S.) in Wort und Schrift zu
verbreiten und zu vertiefen, den organisatorischen Zusammenhalt der
Gesamtbewegung zu pflegen, bei Streiks und Aussperrungen in Gemeinschaft mit den
Geschäftsleitungen der Provinzarbeitsbörsen das solidarische Zusammenwirken
aller der FAUD (A.-S.) angeschlossenen Organisationen zweckdienlich zu fördern
und auf Durchführung der Kongressbeschlüsse zu achten.
Jeder der FAUD (A.-S.) angeschlossene Ortsverein hat an die Geschäftskommission
zwecks Finanzierung ihrer Aufgaben für jedes Mitglied pro Woche 23 Pf.
abzuführen. In diesem Beitrag sind enthalten für den Inhaftiertenfonds der FAUD
(A.-S.) 0,5 Pf., für den internationalen Solidaritätsfonds 1,5 Pf., für die IAA.
1 Pf. Die Zahlungen haben monatlich a conto zu erfolgen. Allvierteljährlich
erhält jede Ortsgruppe einen Kontoauszug von der Geschäftskommission, aus dem
hervorgeht, was gezahlt und was etwa noch zu zahlen ist.
Die Geschäftskommission, die ihren Sitz In Berlin hat, besteht aus sieben
Personen, und zwar einem Vorsitzenden, einem Kassierer, einem Schriftführer
(Redakteur) und vier Beisitzern. Die Wahl der drei Erstgenannten erfolgt durch
den Kongress mittels Stimmzettels in einem Wahlgange und nach absoluter
Mehrheit. In die Geschäftskommission können nur Genossen gewählt werden. die
wenigstens zwei Jahre Mitglieder der FAUD (A.-S.) sind. Hat ein Kandidat die
absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen nicht erhalten, so findet Stichwahl
zwischen den beiden Kandidaten statt, auf welche die meisten Stimmen entfallen
sind. Bei Stimmengleichheit wird die Wahl wiederholt. Stellt sich abermals
Stimmengleichheit heraus, so wird ein dritter Kandidat zur Wahl aufgestellt.
Die vier Beisitzer sind der Kreisarbeitsbörse Groß-Berlin zu entnehmen. Sie
dürfen nicht Angestellte irgendeiner Institution der FAUD (A.-S.) sein.
Die Geschäftskommission ist ein nicht eingetragener Verein gemäß § 54 des RGB.
unter dem Namen: Geschäftskommission der Freien Arbeiter-Union Deutschlands
(Anarcho-Syndikalisten).
Die Geschäftskommission hat im Interesse der FAUD (A.-S.) über die bei ihr
eingehenden Gelder zu verfügen.
Zur Kontrolle der Kassen und Buchführung des Kassierers der Geschäftskommission
sowie als Beschwerdekommission in diesen Angelegenheiten werden drei Revisoren
gewählt. Hiervon wählt der Kongress den Obmann. Die Wahlen der weiteren zwei
Revisoren (je einen) haben die Kreisarbeitsbörse Groß-Berlin und die
Provinzarbeitsbörse Sachsen zu vollziehen.
Scheidet ein auf dem Kongress gewähltes Mitglied der Geschäftskommission vor dem
nächsten Kongress aus, so ist die Ersatzwahl durch den Reichsrat vorzunehmen.
An den Sitzungen der Geschäftskommission nehmen mit beschließender Stimme die 7
Mitglieder der Geschäftskommission und die Vertreter der Geschäftsleitungen der
Föderationen teil.
XV. Organ
Organ der FAUD (A.-S.) Ist „Der Syndikalist“. Dieses wird von der
Geschäftskommission herausgegeben.
Alle Bekanntmachungen, die Gesamtbewegung betreffend, werden hier erlassen und
zur Kenntnis der Mitglieder gebracht.
Der Verlag „Der Syndikalist“ ist ein Unternehme der gesamten FAUD (A.S.) unter
Kontrolle der Geschäftskommission. Etwaige Überschüsse stehen in keinem Falle
den von der Organisation bestimmten Trägern des Unternehmens, sondern lediglich
der Gesamtbewegung der FAUD (A.S.) zu.
Das Organ „Der Syndikalist“ wird den Mitgliedschaften für den Beitrag (siehe
unter „Geschäftskommission“, Absatz 2) zugestellt.
Der öffentliche Verkaufspreis des „Syndikalist“ beträgt 15 Pfg. Zeitungen, die
über die von den Ortsgruppen für die Mitglieder hinaus bezogenen Exemplare
bestellt werden, kosten 10 Pfg.
XVI. Pressekommission.
Die Pressekommission, deren Obmann vom Kongreß gewählt wird, besteht aus fünf
Personen. Die Wahl der vier weiteren Pressekommissionsmitglieder vollzieht die
Delegiertenversammlung der Kreisarbeitsbörse Großberlin.
Der Pressekommission liegt es ob, über die prinzipielle Haltung es „Syndikalist“
sowie darüber zu wache, dass das Blatt nicht zum Austrag persönlicher Polemiken,
Streitigkeiten und Zänkereien sowie Beleidigungen innerhalb der eigenen Bewegung
benutzt wird, ferner Beschwerden entgegenzunehmen, sie auf ihre Berechtigung hin
zu prüfen und gegebenenfalls mittels Einspruch und Verhandelt mit der Stelle,
gegen die sich die Beschwerde usw. richtet, die Mängel abzustellen zu suchen.
Die Adresse des Obmannes der Pressekommission ist allen der FAUD (A.S.)
angeschlossenen Organisationen durch den „Syndikalist“ bekanntzugeben.
Aus: Anlage zum Protokoll über die Verhandlungen des 18. Kongresses der
Freien Arbeiter-Union Deutschlands (A.S.), Berlin 1930.
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