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Geschichte der syndikalistischen Arbeiterbewegung in Deutschland - Ein virtuelles Museum - Teil 5

 

 

Syndikalismus nach 1945
 

Die Syndikalismusforscher Marcel Van der Linden und Wayne Thorpe kommen in einem Beitrag für die Zeitschrift "1999 Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts" nach einer Analyse der internationalen syndikalistischen Nachkriegsbewegung in ihrer Schlußfolgerung auf drei Entwicklungsmöglichkeiten der syndikalistischen Bewegungen:

1. Marginalisierung des Syndikalismus durch (dogmatische) Prinzipientreue.

2. Verwässerung der Prinzipien durch Kursänderung Richtung Reformismus und

3. Auflösung der Organisation, bzw. Übertritt in andere Organisationen.

An diesen drei aufgezeigten Möglichkeiten entlang möchte ich aufzeigen, wie sich der Anarcho-Syndikalismus in Deutschland nach 1945 weiterentwickelt hat, ohne dabei die Entwicklung auf internationaler Ebene aus den Augen zu verlieren.


Kurzer Rückblick
 

Mit Ausnahme Spaniens verhielten sich die Mitgliederzahlen der syndikalistischen Organisationen in den zwanziger Jahren nahezu in allen europäischen Ländern rückläufig, was auch Marcel van der Linden und Wayne Thorpe im Rückblick weniger auf die erhöhte Repression zurückführten, sondern ebenso, wie zeitgenössische FAUD-Theoretiker auf die Etablierung des Wohlfahrtsstaates mit den Folgen der Integration und Befriedung der Arbeiterklasse. Die deutschen Syndikalisten der FAUD versuchten diesem Fatalismus entgegen den Spagat zwischen der ersten und der zweiten Entscheidung. Sie versuchten ihre Strategie möglichst flexibel, anpassungsfähig und gleichzeitig wenigstens auf ideeller Ebene prinzipientreu auf die Verhältnisse in Deutschland abzustimmen. Die föderalistische, von gegenseitiger Toleranz (in betrieblichen Fragen, wie Tarifverträgen oder Betriebsräten) geprägte Organisationsform und Vorgehensweise trug zu einer relativen Stabilisierung der FAUD ab Mitte der zwanziger Jahre bei. Dennoch stellte der Gründungskongreß der FAUD-Nachfolgeorganisation "Föderation freiheitlicher Sozialisten" (FFS) auf ihrem Gründungskongreß im Jahre 1947 fest, daß die FAUD versagt habe, da sie sich als in dieser Hinsicht nicht "beweglich genug" erwiesen habe.


Die Föderation Freiheitlicher Sozialisten (FFS)
 

1945 entstanden die ersten anarcho-syndikalistischen Gruppen in Deutschland. Oftmals reine Diskussionszirkel versuchten sie mit Gleichgesinnten in anderen Städten und Regionen in Kontakt zu treten. Ein Großteil von ihnen wollte und konnte durch die gesellschaftliche Entwicklung nicht mehr dort weitermachen, wo sie mit ihrer Arbeit 1933 durch die Nazis gezwungen wurden aufzuhören. Sie regten Diskussionenüber die Neubestimmung libertärer und anarcho-syndikalistischer Positionen an, in denen der (europäische) Föderalismus und die freie Entfaltung der Persönlichkeit einen hohen Stellenwert besaßen. Ausgehend von Gretel und Alfred Leinau in Darmstadt kam es ab 1945 zu einer Reihe von Treffen, auf denen über die Gründung einer freiheitlich-sozialistischen Organisation beraten wurde. Diese wurde dann Pfingsten 1947 in Darmstadt als Föderation Freiheitlicher Sozialisten (FFS) gegründet. Vertreten waren „ca.30 Delegierte aus fünfzehn Orten in ganz Westdeutschland“ (S.60). Von Anfang an beteiligte sich der Berliner Fritz Linow, ehemaliges Mitglied der Geschäftskommission der FAUD am Aufbau und der inhaltlichen Ausrichtung der neuen Organisation. Linow, der mit Rocker und Rüdiger in der Neudefinition eines freiheitlichen Sozialismus konform ging, wurde zu einer dominanten Person in der FFS. Er bestimmte durch seine Redaktionsarbeit in der FFS-Zeitschrift „Die freie Gesellschaft“ das Erscheinungsbild, das von kulturellen und theoretischen Beiträgen geprägt war und dem erklärten Anspruch der Zeitschrift, auch neue Mitglieder zu gewinnen, nicht gerecht wurde. Die Zeitschrift wurde zur fast ausschließlichen Arbeitsaufgabe für die Gesamt-Organisation und offenbar von den FFS-Mitgliedern nicht geliebt, da sie ein fast rein akademisch – intellektuelles Spektrum bediente, das mit der Lebensrealität der allermeisten FFS-lerInnen nicht viel gemein hatte.

Der Wuppertaler Fritz Benner schrieb über diesen Zustand:“...man kann mit ihr keine Bewegung aufbauen. Die Genossen werden es leid, alles nur für die Zeitschrift zu opfern, keine Versammlungen, nichts. Eine Bewegung kann man nur schaffen, wenn man sich an die materiellen Interessen wendet. Die Genossen im Ruhrgebiet wollen...werben. Sie halten die Zeitschrift dafür nicht geeignet.“ (S.323 ff.)

Da es, mit Ausnahme der Drucklegung, Werbung und des offensiven Verkaufs der Informationsbroschüre „Der Leidensweg von Zensl Mühsam“, die vor den Nazis in die Sowjetunion flüchtete und dort in ein Konzentrationslager gebracht wurde, zu keiner gemeinsamen Kampagnenarbeit der FFS kam, war der Stellenwert ihrer Zeitschrift für die Wahrnehmbarkeit der Organisation sehr hoch.

Ein wichtiger Punkt bei den Beratungen an Pfingsten 1947 war die Zulassung der FFS als legale Organisation. Diese „Lizenzierung“ wurde von den alliierten Besatzungsmächten vorgenommen und der FFS – in allen Besatzungszonen - beständig verweigert.

Die Mitgliederstärke der FFS soll nach Degen 1948 zwischen 350 und 400 Mitgliedern gelegen haben, wovon allein in Berlin mit 80 und in Köln mit 113 Mitgliedern lokale Hochburgen bestanden. Weitere größere Gruppen bestanden in München, Hamburg, Ludwigshafen, Mannheim und Wuppertal.

Unterstützung erhielten die deutschen Genossinnen und Genossen aus der internationalen anarcho-syndikalistischen Bewegung. U.a. auf Initiative des ehem. FAUD-Aktivisten und Spanienkämpfers Helmut Rüdiger (Schweden) und Rudolf Rocker (USA), organisierten vor allem die schwedische SAC und jüdische ArbeiterInnen in den USA Hilfslieferungen für über 200 deutsche GenossInnen. Hilfe kam ebenfalls von der „Arbeitsgemeinschaft Freiheitlicher Sozialisten“ in Basel, der französischen FAF und einigen anderen anarchistischen Hilfskomitees, sowie der Internationalen Arbeiter Assoziation (IAA) – der anarcho-syndikalistischen Internationale. Diese berichtete seit 1945 über die Situation in Deutschland und rief zur Solidarität auf. Im Mai 1948 beschloss dann der 2.FFS-Kongress auf diese Hilfslieferungen zu verzichten um sie stattdessen den„spanischen Genossen“ zugute kommen zu lassen, die der Franco-Diktatur ausgesetzt waren.

Im weiteren führt Degen die internen Diskussionen zur inhaltliche Bestimmung der FFS aus, die durchaus kontrovers verliefen, an deren Ende sich aber die Mehrheit für die revisionistischen Positionen – die auch von Rocker aufgegriffen wurden– aussprach. So lehnte die FFS den Parlamentarismus zwar immer noch als undemokratisch ab, schuf ihren Mitgliedern aber die Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen auf kommunaler Ebene, um der geführten Diskussion um einen „Gemeinde-Sozialismus“ Rechnung zu tragen. Einige FFS´ler kandidierten auf kommunaler Ebene und erzielten beachtenswerte Wahlerfolge wie Karl Dingler in Göppingen und Karl Preiss in Ulm.

Ein Teil der FFS-Mitglieder übernahm Funktionen in Gewerkschaften des DGB und wurden Betriebsräte bei gleichzeitiger massiver Kritik an ihnen. Die Gründung einer eigenständigen syndikalistischen Gewerkschaft wurde zwar immer wieder vorgebracht, aufgrund der Einschätzung das ihre Verwirklichung momentan unrealistisch sei, aber immer wieder verworfen.

Ein Aufruf des in der Erwerbslosenbewegung aktiven Theodor Bennek aus Hildesheim im März 1951 zur „Wiedergründung der FAUD“ stieß u.a. deswegen auf breite Ablehnung. (S. 335 ff.)


Standpunkte der FFS
 

Anders gestaltete sich die Angelegenheit zunächst in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg, wo sich die Syndikalisten auf betrieblicher Ebene für die dritte von van der Linden und Thorpe genannten Möglichkeiten entschieden und auf eine Wiedergründung der FAUD verzichteten. Stattdessen schufen sie eine anarcho-syndikalistische Ideenorganisation, die "Föderation freiheitlicher Sozialisten" (FFS), welche auch der Internationalen Arbeiter-Assoziation (IAA) beitrat. Die Anarcho-Syndikalisten knüpften nach 1945 nicht nur in wirtschaftlichen Fragen dort an, wo sie bis 1933 weitestgehend ohne Erfolg blieben, sondern auch dort, wo sie seit Ende der zwanziger Jahre die größten Erfolge zu verzeichnen hatten: In der Kulturarbeit und dort im speziellen an die Gilde freiheitlicher Bücherfreunde (GfB), denn "eine solche Kulturarbeit ist heute in Deutschland doppelt notwendig, um Klärung zu schaffen und unsere Anschauungen in breitere Volkskreise zu tragen, wo sie befruchtend beim Wiederaufbau des Landes mitwirken können". Die Priorität der Arbeit auf den kulturellen Bereich zu legen, bedeutete, nicht an einer anarcho-syndikalistischen Gewerkschaftsform festzuhalten oder eine solche wiederzubeleben, sondern eine Kulturorganisation zu gründen, bei gleichzeitigem Engagement der Mitglieder auf Gemeindeebene, um ihre Ansichten und Ideen beim Wiederaufbau einsetzen zu können.

Die meisten der ehemaligen FAUD- und nunmehrigen FFS-Mitglieder organisierten sich gemäß dieser dritten Variante (van der Linden/Thorpe) gleichzeitig in der SPD, den DGB-Gewerkschaften (was einer grundsätzlichen pragmatischen Bejahung von Tarifverträgen gleichkommt), den Kommunalparlamenten (keine offizielle FFS-Linie!) - und natürlich als Betriebsräte, um dort "in allen verantwortlichen Stellen" als Vorbildfiguren im Sinne föderalistisch-anarchistischer Ideen tätig zu sein. Wieder kann hier ein Spagat in der Organisierung deutscher Anarcho-Syndikalisten festgestellt werden, diesmal jedoch nicht zwischen den von van der Linden und Thorpe genannten Möglichkeiten eins und zwei (wie es noch bei der FAUD der Fall war), sondern zwischen eins und drei. Denn einerseits wurde die FFS eigens als Ideenorganisation für die Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung anarchistischer und syndikalistischer Bestrebungen konzipiert. Auf betrieblicher Ebene wurde die eigenständige anarcho-syndikalistische Organisationsform zugunsten nüchterner Tageskämpfe (hier besonders in der existentiellen Versorgungsfrage der Nachkriegsjahre), aber auch aufgrund eines von großen Teilen der FFS angestrebten "Gemeindesozialismus" vollständig aufgegeben. Das Machtvakuum des Staates und die dadurch gestiegene Bedeutung der Gemeinden beim Wiederaufbau böten nach dem auf die FFS maßgeblichen Einfluß ausübenden Rudolf Rocker ein ideales Betätigungsfeld für "positive Mitarbeit", wodurch auch das Recht, gehört zu werden und "unsere Ansichten zur Geltung zu bringen", erworben würde.

Trotz der Unterbrechung syndikalistischer Entwicklung in Deutschland zwischen 1933 und 1945 durch die faschistische Diktatur des Nationalsozialismus kann hier eine einheitliche und relativ gleichmäßige Linie konstatiert werden, sowohl in der Haltung der Anarcho-Syndikalisten in der Tarifvertrags- als auch in der Betriebsrätefrage. Die Mitglieder der FFS (Föderation freiheitlicher Sozialisten) knüpften in den vierziger Jahren unmittelbar an ihre mehrheitlich bejahenden Überzeugungen der dreißiger Jahre an, ohne dabei ihr Ideal einer freien Gesellschaft auf föderalistisch- anarchistischer Grundlage aufzugeben. Der Unterschied in den Verknüpfungen der von van der Linden und Thorpe genannten Möglichkeiten eins mit zwei sowie der Möglichkeiten eins mit drei ist hier rein formeller Art, nämlich die Aufgabe der Reorganisation der alten FAUD zugunsten des Übertritts der bedeutendsten ehemaligen FAUD-Mitglieder in andere (reformistische) Organisationen unter Wahrung der Prinzipien auf ideeller Ebene in der FFS: „(Es) kann davon ausgegangen werden, daß sich die Mehrzahl der gewerkschaftlich engagierten FFS-ler damit abgefunden hatte, nur in den ‚Zentralgewerkschaften’ zu arbeiten; die FFS dagegen aber als ihre eigentliche ‚politische’ (anarchosyndikalistische) ‚Ideenorganisation’ anzusehen." Zugleich blieb es das langfristige Ziel der Anarcho-Syndikalisten unter den auf ihrem Wege noch zu schaffenden besseren eigenen Voraussetzungen (die FFS - als Ideenorganisation - faßte lediglich etwa zwischen 150 und 400 Menschen in 30 Orten - ganz ähnlich wie die FAU heute) und der Veränderung der gesellschaftspolitischen Umstände mittels eigenem tatkräftig-überzeugendem Einsatz in den Kommunen (auch Kommunalparlamenten) und lokalen Gewerkschaftsverbänden ein erneutes Gegengewicht zu den Zentralgewerkschaften und Parteien aufzubauen: „Unser Ziel muß sein, unsere Ideengänge in weitestem Umfange in den bestehenden Gewerkschaften zu verbreiten... Sollten sich aber örtlich oder bezirklich Situationen ergeben, die eine Gründung syndikalistischer Gewerkschaften notwendig erscheinen lassen, dann ist es erforderlich, daß unsere Ortsföderationen ihre Pflicht erfüllen..." Die FFS sei zunächst ein „Notbehelf, der sobald wie möglich dem vollendeteren Organisationsgefüge der föderierten Produktions-Syndikate aller Richtungen und Arbeitsbörsen weichen muß". In dieser Hinsicht spekulierten FFS-Aktive damit, daß sich ganze Belegschaften, nicht zuletzt aufgrund betrieblicher anarcho-syndikalistischer Überzeugungsarbeit geschlossen von den Zentralgewerkschaften lösen und sich anarcho-syndikalistisch organisieren würden.

Die FFS konnte zwar ihrem Anspruch auf Wahrung der Ideen des Anarchismus und Syndikalismus gerecht werden, zugleich gelang es ihr weder, sie an die jüngeren Generationen, noch diese ihrer eigenen strategischen und primären Zielsetzung nach in den reformistischen Organisationen zu verbreiten.


Ende der FFS
 

Eine offizielle Auflösung der FFS hat nie stattgefunden, berichtet Hans Jürgen Degen, und gibt Einblick in die Stimmung der FFS. „Die FFS Protagonisten waren ausgebrannt“ (S.403) und führt dies auf die „ausgebliebene Resonanz in der Nachkriegsgesellschaft“ zurück, die nach A. Klönne „einen hohen Grad von Geschichtsverlust aufwiese“ den dieser auf den Nationalsozialismus zurückführte. „Nicht nur Verbot, Verfolgung der Organisationen der Arbeiterbewegung, sondern der NS-Staat war auch darauf aus, jeder Erinnerung an den Prozeß der Emanzipation und Selbstorganisation der Arbeiterschaft aus dem historischen Bewusstsein zu löschen.“ (S.404) Weiterhin – so Degen – hätte sich der „im Westen Deutschlands konstituierende `Wohlstandsstaat` erosiv auf die freiheitlichen Sozialisten ausgewirkt. Denn die sozialistische Alternative, die die FFS aufzeigte, konnte nicht attraktiv gegenüber dem sich Anfang der 50er herausbildenden „Sozialstaat“ wirken. Und dessen Integrationskraft hatten die freiheitlichen Sozialisten keine machtpolitische Alternativen entgegen zu setzen. Auch die „revisionistische“ Form des freiheitlichen Sozialismus konnte hier nichts ausrichten.“ (S.405) Nach diesen Ausführungen folgt der Blick auf den weiteren Werdegang einiger Aktiver und ganzer Gruppen, wobei u.a. die FFS in München bis in die 70er Jahre aktiv blieb. Im „Brockhaus“ findetsich der Begriff „Syndikalismus“ noch bis in die fünfziger Jahre hinein, dann verschwand er auch hier von der Bildfläche.

 

 

Helmut Rüdiger: Theoretiker des 

Anarcho-Syndikalismus nach 1945.

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Ausgabe der C.N.T.-Spanien von 1977

 

 

 

Anarcho-Syndikalistische Nachkriegszeitschrift von 1949 - 1953

 

 

 

Ausgabe 23 von 1951 mit Beiträgen von Rudolf Rocker,
Augustin Souchy, Helmut Rüdiger und anderen

 

 

Mitgliedsbuch der FFS

 

 

 

Eine Grundlage des Anarcho-Syndikalismus

 

 

 

Gedichtband des Göppinger
Anarcho-Syndikalisten

Otto Müller, 1947

 

 

Theodor Plivier

 

Aufruf der FFS-München zu einer Veranstaltung mit Fritz Linow, 1949.

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1977 Neubeginn: Die Initiative Freie Arbeiter Union

 

 

 

Todes-Anzeige in der "Befreiung" (1952). Für weitere Informationen auf das Bild klicken.

 

 

 

Arbeiteraufstand im "Arbeiterparadies", 1953

 

 

 

"Gangster und Pinkerton-Methoden der SED".

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Reorganisation, Verfolgung und Ermordung von AnarchosyndikalistInnen in der SBZ und der DDR


Ein großes Plus an Degens Buch ist die bisher am gründlichsten recherchierte Beschreibung und Veröffentlichung zur Situation der Libertären in der SBZ und der DDR. In seinem Exkurs dazu beschreibt er die politischen Bedingungen die eine offene Betätigung durch die Kommunisten unmöglich machte. Er definiert „3 Tendenzen libertären Verhaltens“. „Erstens diejenigen Libertären, die versuchten, sich relativ offen wieder zu organisieren und sich damit auch offen gegen das kommunistische Regime stellten; zweitens die Libertären, die mit dem kommunistischen System zwar paktierten, aber versuchten, hier Libertäres einzubringen; drittens arrangierte und identifizierte sich ein vermutlich kleiner Teil der Libertären völlig mit dem Regime“. (S.182)

Zu den wenigen bekannten Köpfen des Wiederaufbaus der anarcho-syndikalistischen Bewegung in der SBZ und späteren DDR gehört der Illmenauer Fritz Heller, der für seine Tätigkeit 1968 zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde, wovon er 5 ¼ Jahre im KZ Bautzen verbringen musste, bevor er es schaffte nach Frankfurt/M. zu gelangen. Der Metallarbeiter Willi Jelinek aus Zwickau richtete eine Informationsstelle ein, von der aus über Rundschreiben Kontakte hergestellt wurden. „In Sachsen sollen sich daraufhin fünf oder sechs Gruppen gebildet haben.“ (S.183) In Dresden war der Anarchosyndikalist Walter Reede aktiv und der Ostberliner Rudolf Ludwig war Verbindungsmann der FSS in den Westen.

1948 tagte in Leipzig eine „Konferenz der libertären Bewegung“, deren Durchführung von einem Spitzel verraten wurde und die Verhaftung aller TeilnehmerInnen zur Folge hatte.1949 kam es zu zwei Verhaftungswellen gegen AnarchistInnen und AnarchosyndikalistInnen durch das kommunistische Regime. Anfang 1949 wurden über 100 GenossInnen verhaftet und im September über 170 „vornehmlich der vor 1933 existierenden Gruppen Kommunistische Arbeiterpartei und Syndikalisten...verhaftet. Die Opfer der SED-Justiz wurden oft zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt. Viele von ihnen inhaftierte man in den ehem. Nazi-KZ´s und in Bautzen. „Bewacher“ waren meist „Russen, größtenteils aber deutsche Volkspolizei, die sich nur in der Uniform von Hitlers SS unterscheidet.““ (S.193). Und Anfang 1950 saßen „dreißig freiheitliche Sozialisten ..seit weit einem Jahr wieder im KZ Oranienburg-Sachsenhausen“. (S.194). In Bautzen wurde der Anarchosyndikalist Willi Jelinek ermordet.

Die Reaktion der westdeutschen GenossInnen war die Bildung von Unterstützungsgruppen für die Verfolgten und die Information der Öffentlichkeit über das totalitäre Vorgehen der Kommunisten im Osten. In Publikationen und Diskussionen wurde die Gleichartigkeit der Struktur von Nationalsozialismus und Bolschewismus analysiert und die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) (heute VVN-BdA) scharf angegriffen, da sie die Existenz von KZ´s in der SBZ/DDR und die Verfolgung freiheitlicher Sozialisten leugnete. Der Berliner Otto Reimers formulierte dies in einem Beitrag in der „Freien Gesellschaft“: „..wurdet ihr VVN-Kameraden nicht auch einst in die Hitler KZ´s als Staatsfeinde eingewiesen? Wir Sozialisten wissen dass sich in den Ostzonen KZ´s heute Sozialisten befinden, die auch unter Hitler im KZ schmachteten und ihr (VVN) schweigt dazu.“ (S.194)

In einer Resolution des 2. FFS-Kongresses 1948 in Nieder-Berbach/Mordach formulierten die GenossInnen als Grundkonsens: “gegen jede Art autoritärer Bevormundung, gegen die bürokratische und zentralistische Entartung der Demokratie, gegen den Faschismus und insbesondere gegen den totalen Staat in Gestalt des als Diktatur des Proletariats verschleierten roten Faschismus und der sogenannten Volksdemokratien ... Die FFS (Deutschlands) bekennt sich zur Sache des Friedens und der Völkerverständigung ... sie ist vor allem entschlossen, das weitere Vordringen des bolschewistischen Totalitarismus in Europa verhindern zu helfen.“ (S.331)

 

Syndikalismus international
 


Innerhalb der IAA führten die unterschiedlich eingeschlagenen Wege der einzelnen Sektionen, flankiert von faschismusbedingten Verbotsverfügungen, beispielsweise in Deutschland (1933), Spanien (1939) oder Italien (1922), in den folgenden Jahrzehnten zu den wohl unvermeidlichen Symptomen von Mißtrauen, Spaltungen, Austritten, bzw. Ausschlüssen. Während sich aktuell zumindest auf europäischer Ebene neue syndikalistische Gewerkschaften in Abspaltung von den verbliebenen IAA-Sektionen formieren und neue Wege beschreitend anwachsen (z.B. die "Confederation Nationale du Travail" (CNT-Frankreich-"Vignoles") oder die Majorität der "Unione Sindacale Italiane (USI-Italien), befinden sich die IAA-Sektionen, wie die "Confederacion National del trabajo" (CNT-Spanien) oder die "Confederation Nationale du Travail" (CNT-Frankreich-"Bordeaux"), in jahrelang anhaltender Agonie. Wieder andere Organisationen mit syndikalistischer Wurzel und postulierten "syndikalistischen Zielsetzungen" (Hans Jürgen Degen), wie etwa die "Sveriges Arbetares Centralorganisation" (SAC-Schweden), welche im Jahre 1957 aus der IAA austrat oder die "Confederacion General del Trabajo" (CGT-Spanien) als Abspaltung der CNT können als offen reformistisch eingeschätzt werden. Damals wie heute besitzen diejenigen syndikalistischen Organisationen am meisten Anziehungskraft, welche es verstehen, zwischen anarchistischen Prinzipien und aufoktroyierten Sachzwängen mittels hoher Flexibilität das jeweils richtige Maß zu finden und bei bleibender ideeller Prinzipientreue jeglichen Dogmatismus abzulegen. Gelang es der FAUD auf diese Weise, sich zu stabilisieren, verzeichnen einige der oben genannten syndikalistischen Organisationen auf diese undogmatische Weise aktuell ein teilweise rasantes Anwachsen ihrer Mitgliederzahlen (in Paris stellen die Syndikalisten der CNT "Vignoles" im Jahre 2000 die meisten Teilnehmer auf der revolutionären 1. Mai Demonstration vor den kommunistischen Organisationen).

Passend dazu stehen die Aussagen bezüglich der IAA seitens der Deutschen Nachkriegsanarchosyndikalisten A. Leinau und August Kettenbach. Ersterer konstatierte hinsichtlich des Beharrens der IAA auf dem ersten Möglichkeit (van der Linden/ Thorpe), "daß mit dem Ableben der alten F.A.U.D. auch die I.A.A. ihre Bedeutung verloren hat. Was wir brauchen ist eine Internationale, welche lebendig ist und jedem Land und seiner Mentalität gerecht wird." Kettenbach sah die IAA "zum Abtreten verurteilt, denn sie ist nur noch ein Erinnerungsstück". Da die IAA in einem Dogmatismus erstarre, welcher den jeweiligen Entwicklungen in den einzelnen Ländern nicht Rechnung trage, sah die deutsche Sektion FFS in ihr keine Zukunft mehr und trat schon im Jahre 1952 wieder aus. Aus demselben Grunde verließ fünf Jahre später auch die SAC, als wohl einzige funktionierende und ernstzunehmende Gewerkschaftssektion die IAA. In ihrem pragmatischen Reformismus kamen sich die SAC und die FFS sehr nahe, verfaßte Rudolf Rocker doch nicht nur die für die FFS entscheidende Schrift von den "...Möglichkeiten einer anarchistischen und syndikalistischen Bewegung...", sondern 1952 auch die Prinzipienerklärung für die SAC. Der Unterschied zur FFS bestand darin, daß die SAC weiterhin an ihrer gewerkschaftlichen Organisationsform festhielt - reformistische Interessenorganisation und revolutionäre Ideenorganisation auch organisatorisch miteinander verbunden wissen wollte.

Der Syndikalismus und seine historische Bedeutung in Deutschland
 

Wenn gleich ich hoffe, die Bedeutung der Inhalte des Anarcho- Syndikalismus bereits hinreichend dargestellt zu haben, möchte ich doch noch folgendes anfügen:

Nehmen wir die rein mengenmäßige Stärke zur Grundlage einer Beurteilung über die Bedeutsamkeit des Anarcho- Syndikalismus in Deutschland, so können wir konstatieren, dass die FAUD mit kurzweilig bis zu 150.000 Mitgliedern über eine Massenbasis verfügte. Stellen wir diese Anzahl einmal anderen Arbeiterorganisationen zur selben Zeit gegenüber, müssen wir jedoch feststellen, dass sie auch zu ihrer besten Zeit weit abgeschlagen hintenan stand. Die rätekommunistischen marxistischen Organisationen, wie auch die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine lagen bei mehreren Hunderttausenden, die christlichen Gewerkschaften vereinigten über einer Million Mitglieder und der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) erreichte knapp die 10 Millionen-Grenze. Die FAUD hatte auch nach eigener Einschätzung zu keiner Zeit das Ziel erreicht, auf betrieblicher Ebene reichsweit eine bedeutende Rolle zu spielen. In dieser Hinsicht bliebe nur noch anzumerken, dass es auf internationaler Bühne ein gutes Beispiel für eine anarcho-syndikalistische Umgestaltung der Gesellschaft gegeben hatte, nämlich infolge der Spanischen Revolution im Jahre 1936. Warum beschäftigen sich also immer noch Menschen mit diesem Thema? Zunächst einmal fällt bei Forschungsarbeiten auf, dass im Gegensatz zu heute der Syndikalismus bei proletarischen Zeitgenossen überwiegend bekannt gewesen ist. Das macht stutzig bei einer so kleinen Organisation, zumal es damals im Vergleich zu heute an Massenmedien weitgehend mangelte. Es wird an ihrer konsequenten Kriegsgegnerschaft gelegen haben, an ihrer unermüdlichen Agitation vor dem 1. Weltkrieg, dass sie bei vielen enttäuschten Sozialdemokraten in Erinnerung blieben und schon in den ersten Nachkriegsmonaten diesen Zulauf verzeichnen konnten. Die Zeitungen von Arbeiterparteien und Zentralgewerkschaften sind voll mit Warnungen und Verunglimpfungen syndikalistischer Organisationen. Die Funktionäre der sozialpartnerschaftlichen Verbände hatten, so ließt es sich, den Syndikalismus, das „französische Gewächs“, als Gespenst vor Augen. In ihrem Kampf gegen jede Form von Arbeiterselbstorganisation hielten die Funktionäre fest zusammen. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Syndikalismus in den deren Augen offenbar über reelle Einflussmöglichkeiten verfügen konnte. Daneben fällt der unerbittliche Kampf auch auf Betriebsebene gegen jede Form eigenständiger Organisierung von Arbeitern auf. Die Zentralverbändler gingen sogar soweit, gegen ihre syndikalistischen Kollegen für deren Entlassung in den ansonsten viel geschmähten Streik zu treten.

Auch dem „Organ der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands“, dem „Arbeiter-Rat“, blieb in den Revolutionsjahren 1919/20 die syndikalistische Arbeiterbewegung nicht verborgen. Ganz im Gegenteil sahen sich die sozialdemokratischen Arbeiterräte in ihrer Reichszeitung dazu angehalten, die „Arbeiter Unionen“ als ein „neues Geschwür der Arbeiterbewegung“ zu titulieren. Nach eingehenden Quellen soll die Anzahl der an der Märzrevolution beteiligten Syndikalisten über 40 % betragen haben. Ihr Kampf findet sich dann z.B. beschrieben bei Erhard Lucas oder Hans Marchwitza. Die Politische Polizei der Weimarer Republik subsumierte die Syndikalisten nicht unter kommunistische Organisationen, wie bei vielen Historikern und anderen „Wissenschaftlern“ üblich, sondern gab ihr einen eigenständigen Status. In den zu Beginn der Republik angelegten Lichtbilddateien befanden sich gleich unter den ersten registrierten Personen auch Syndikalisten neben „Berühmtheiten“ wie Kurt Tucholsky oder Walter Ulbricht. Desweiteren ist darauf hinzuweisen, dass die syndikalistische Bewegung oder zumindest Teile von ihr auch in prominenten Kreisen nicht nur bekannt war, sondern teilweise auch für unterstützenswert erachtet wurde. So spendeten beispielsweise die bekannten Frauenrechtlerinnen Helene Stöcker und Anita Augspurg über den Sammelfond der FAUD für das Landauer- Denkmal in München. Stöcker sprach auf Veranstaltungen der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde und ihre Texte wurden im Organ des syndikalistischen Frauenbundes publiziert. Von syndikalistischer Seite wurde ihr zugesprochen als „einer uns in vielen Dingen nahestehenden, sympathischen Kämpferin“. Kein anderer als der Schauspieler Alexander Granach gab den Aktiven Erich Mühsam und Rudolf Rocker Geld, womit diese die Ausreise von Durruti und Ascaso, den beiden späteren Hauptakteuren der Spanischen Revolution, finanzierten, welchen sie aktive Fluchthilfe leisteten. Auch der zur Legende gewordene Nestor Machno (Anführer der „Machno-Bewegung“ in der Ukraine) kam als Flüchtling bei Rudolf Rocker unter. Im Auftrage deutscher Militärs verfasste der Begründer der Soziologie, Max Weber, einen längeren Aufsatz zu Syndikalismus und Antimilitarismus, wo er deren Anhänger als konsequenteste Kriegsgegner bezeichnete. Sogar Lenin erwähnt in „Staat und Revolution“ die syndikalistische Bewegung (in Deutschland) in einem Atemzug mit führenden Arbeitervertretern, wie Karl Legien, welchen er für das Erstarken der von ihm selbst ungeliebten syndikalistischen Bewegung, den „leiblichen Bruder des Opportunismus“, verantwortlich machte. Von selber versteht es sich, dass den Bohemiens, wie beispielsweise Ernst Toller, Oskar Maria Graf oder Erich Mühsam die Bewegung nicht nur bekannt gewesen ist, sondern Mühsam, gut befreundet mit Rudolf Rocker, noch im Jahre 1933 in die FAUD eintrat. Auch der bekannte Maler und Gründer der Künstlersiedlung „Barkenhoff“ in Worpswede bei Bremen, Heinrich Vogeler, stand der anarchistischen und syndikalistischen Bewegung sehr nahe und bot ihnen eine Heimstätte. Es nimmt nicht weiter Wunder, dass der „Herodot“ der Geschichte der Anarchie, Max Nettlau, in gleichfalls engem Kontakt zur Bewegung stand und keine andere als die berühmte Schriftstellerin Ricarda Huch von ihm die Materialien für ihre Bakunin-Biographie erhielt.

Der deutsche expressionistische Schriftsteller Carl Einstein lernte die Bewegung zwar erst später kennen, aber kämpfte nach für ihn überzeugenden Begegnungen mit deutschen Anarcho-Syndikalisten im Spanischen Krieg in der Kolonne Durruti und legte über seine Erfahrungen dort wunderbares Zeugnis ab. Sein Namensvetter Albert Einstein kam genauso wie Thomas Mann in den Genuss des wohl bedeutendsten geschichtsphilosophischen Werkes aus der Bewegung, Rudolf Rockers „Entscheidung des Abendlandes“, und beide überhäuften sich förmlich mit Komplimenten. Die führenden Anarcho- Syndikalisten, wie Rocker oder Augustin Souchy waren vor allem nach dem 2. Weltkrieg beliebte Vortragsredner an Universitäten. Apropos Universität: Noch bevor die Philosophin Hannah Arendt Universitätsluft schnupperte, formulierte die syndikalistische Bewegung aus der Praxis heraus und mittels eines guten internationalen Korrespondentennetzwerkes eine Art „Totalitarismustheorie“, die sich gewaschen hat, voran Emma Goldman, Rudolf Rocker oder Alexander Schapiro. Auch nahmen politische Karrieristen, darunter spätere Bürgermeister und Landtagsabgeordnete ihren engagierten Anfang in und bei der syndikalistischen Bewegung, wobei der bekannteste unter ihnen es bis zum Fraktionsvorsitzenden der SPD bringen sollte: Herbert Wehner. Rudolf Steiner möchte ich hier gar nicht vorenthalten: Das revolutionäre Nachkriegsklima versuchte auch der Begründer der Anthroposophie für seine Zwecke zu nutzen. So sprach er in vielen Fabriken, vor allem Süddeutschlands, zum Thema „Dreigliederung des sozialen Organismus“ zur Arbeiterschaft und strebte nach einer erfolgten gesellschaftlichen Umwälzung einen möglichen Posten im Kultusministerium an. Hierbei wandte er sich im besonderen an die syndikalistische Bewegung und stellte die Gemeinsamkeiten beider Bewegungen heraus. Auch gab es gemeinsame Veranstaltungen. Nachdem er von den Syndikalisten einen Korb bekommen hatte, wandte er sich beleidigt von diesen ab und vermögenderen Kreisen zu, um seine „geistvollen Sozialvorstellungen“ verwirklichen zu können.

 

 

Logo der Internationalen Arbeiter Assoziation

 

 

 

Demonstration der CNT in Madrid: 1.Mai 2008

 

 

 

Demonstration der SAC-Göteborg am 1.Mai 2008

 

 

 

Unvergessen: Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti.
1927 hingerichtet. Für weitere Informationen Bild anklicken.

 

 

Der Anarchist Herbert Wehner : "Zurück zu Bakunin!". Für weitere Informationen Bild anklicken.

 

 

Helene Stöcker: Eine Pionierin der Frauenbewegung. Für weitere Informationen auf das Bild klicken.

 

 

 

Max Weber über Syndikalismus.

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Begehrter Redner überall: Augustin Souchy.

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FAU-Plakat, Mitte der 1980er Jahre

 

 

1. Arbeitsgrundlage der Initiative FAU-IAA, 70er Jahre. Für weitere Informationen auf das Bild klicken.

 

 

 

"Direkte Aktion" - Organ der Initiative FAU-IAA, 1977

 

Die FAU-IAA seit 1977
 

Durch die StudentInnenbewegung 1968-69 und die kleinere SchülerInnen- und Lehrlingsbewegung waren in der BRD einige Menschen auf den Anarchismus und den Anarcho-Syndikalismus aufmerksam geworden. Durch "Alt-GenossInnen" kamen sie in Kontakt mit GenossInnen der spanischen CNT die in der Bundesrepublik im Exil lebten. Zusammen mit diesen gründeten sie 1977 die "Initiative Freie Arbeiter Union" (I-FAU) in Köln. Die I-FAU entwickelte sich in den ersten Jahren nur sehr schwach und hatte in der Folgezeit eine Vielzahl an internen Diskussionen über die gewerkschaftliche Ausrichtung und ihre Strategie. 1980 kam es zu einem Richtungsstreit durch welchen sich vier Ortsgruppen abspalteten und unter dem Namen FAU einen autoritären Kommunismus propagierten. "Es waren Gruppen, die Vorzugsweise aus Anti-Imps und Guerilla-Fans bestanden, die versuchten die FAU für sich zu instrumentalisieren. Nach kurzer Zeit benannten sie sich um in FAU/R (Rätekommunisten) und verschwanden nach zwei Jahren in der Versenkung". Nachdem sich bis 1983 eine Reihe neuer Ortsgruppen bildeten, beschloss der I-FAU-Bundeskongress 1983 das Kürzel "I" aus dem Namen zu streichen. 1991 verließen Vertreter des Syndikalistischen Flügels auf dem Bundeskongreß in Moers die Organisation, aufgrund der neuen Prinzipienerklärung die ihnen zu "anarchistisch" war. Die FAU befand sich nämlich noch immer im gleichen Dilemma, wie die beiden Vorläuferorganisationen FAUD und FFS. Mehrheitlich wurde und wird die Einflußnahme über Betriebsräte und Tarifverträge kategorisch abgelehnt. Ein revolutionärer Pragmatismus, wie er in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre von der FAUD und nach 1945 von der FFS praktiziert worden ist, unterlag hier gut gehüteten basisdemokratischen Prinzipien. Nach dem Niedergang des "realen Sozialismus" konnten auch die bis dahin von der SED unterdrückten und verfolgten AnarchosyndikalistInnen und AnarchistInnen in der DDR nach 40 Jahren wieder offen auftreten. Einige von ihnen gründeten 1990 die FAU der DDR, die sich im August 1991 mit der westdeutschen FAU zusammenschloß. Nach 1987 gab es 1993 zum zweiten Mal die "Libertären Tage" in Frankfurt/Main. Die "Libertären Tage" waren ein bundesweites Treffen von Menschen aus der anarchistischen Bewegung, an deren Vorbereitung sich auch die Frankfurter FAU Ortsgruppe maßgeblich beteiligte. Insgesamt nahmen über 3000 Menschen an diesem Großereignis teil. Die FAU führte 4 Veranstaltungen, u.a. zum gewerkschaftlichen Kampf, zu Bildung und Erziehung ohne Herrschaft sowie zum Komplex Antifaschismus durch. Auf den "Libertären Tagen" lernten viele Leute die FAU das erstemal kennen; einige traten ihr anschließend bei. Bis 1995 war in der FAU eine relativ hohe Fluktuation von Mitgliedern festzustellen, in der Regel waren viele Neueingetretene nach 2 Jahren wieder ausgetreten. Das lag zum einen am Fehlen einer anarchistischen Organisation, in der sich GenossInnen wiederfinden konnten, die mit dem anarchosyndikalistischen Ansatz möglicherweise z.T. aufgrund ihrer Lebenssituation und/oder ihrer politischen Schwerpunkte nicht zufrieden waren sowie an der Suche vieler GenossInnen nach verbindlichen Strukturen. Die Rolle und Bedeutung der FAU-IAA beschrieb Wolfgang Haug 1997 im „Schwarzen Faden" (Nr. 61) folgendermaßen: „Sie (die FAU) wollte in erster Linie eine Gewerkschaftsorganisation sein, aber als Gewerkschaftsorganisation konnte sie ihren Mitgliedern bislang nichts anbieten. Es blieb bei einer Ideenorganisation (...) Eine Ideenorganisation, die die verschiedenen Strömungen des Anarchismus aufnimmt und ihnen einen organisatorischen und politischen Rahmen verpasst, wollte die FAU nie sein, obwohl ihr historisch genau diese Rolle zufiel, weil es keinen anderen ernstzunehmenden anarchistischen Organisationszusammenhang gab. (...) Gewerkschaftsarbeit (Betriebsarbeit, ohne wirkliche Verankerung in den Betrieben) oder Organisierung anarchistisch gesinnter Individuen und damit Ausrichtung der politischen Arbeit an den Sozialen Bewegungen. In dieser Gespaltenheit haben sich x- GenossInnen folgenlos aufgerieben."

Seit 1995/96 wächst die FAU an. Quantitativ und vor allem auch Qualitativ hat sich viel in der FAU bewegt. Zu den bundesweiten Aktionen die die FAU in der Vergangenheit durchgeführt hat, gehören u.a. die Solidarität mit britischen Bergarbeitern in den 80´er Jahren, der Boykott der Firma Laura-Ashley ebenfalls in den 80´er Jahren. In der letzten Zeit gab es Aktionen in Solidarität mit den indigenen Kaffebauern in Mexiko gegen ihre Ausbeutung und den Vertrieb von Kaffee der Firma "Lebensbaum". In Hamburg kämpft(e) die FAU für den Erhalt des "Hafenkrankenhauses" und beteiligte sich an der Besetzung desselben. Darüberhinaus arbeiten die FAU-Gruppen auf lokaler und regionaler Ebene an einer Vielzahl von Themen. FAUistas sind aktiv in der antifaschistischen Bewegung, bei sozialen Kämpfen, gegen Frauenverachtung und Sexismus und für das Selbstbestimmungsrecht der Frau in allen Lebensbereichen. Darüberhinaus beteiligen sich etliche FAUistas im kulturellen Bereich, arbeiten an Freien Radios mit oder sind in der internationalistischen Solidaritätsbewegung aktiv (z.B. in Unterstützung für den Aufstand der Indigenas in Chiapas/Mexiko, der Unter-stützung der revolutionären anarchistischen und Frauen-Bewegung in Uruquay etc.)

 

FAU Aktuell

 

Die FAU hat keine bezahlten Funktionäre, die Ortsvereinigungen arbeiten in völliger Autonomie auf Grundlage der Statuten und der Prinzipienerklärung. Koordinierende Gremien sind die "Geschäftskommission" die den Mitgliederrundbrief herausgibt und die bundesweite Arbeit koordiniert, sowie die Regionalkoordinationen für die vier Regionen. Nord, Süd, Ost und West. Einmal im Jahr findet der Bundeskongreß statt, daneben gibt es eine Vielzahl von Delegiertentreffen zu bestimmten Themen, die die Gesamtorganisation betreffen. Beschlüsse werden per Referendum gefaßt nach dem Grundsatz "Ein Mitglied, eine Stimme". Die FAU versteht sich nach aktueller Darstellung gleichermaßen als Hilfsorganisation, Bildungsplattform und als klassenkämpferische Gewerkschaft mit starker internationaler Ausrichtung auf dem Weg zu einer freien Gesellschaft. Die Gewerkschaft richtet sich an der konkreten Praxis und an den Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Mitglieder aus. So wird alle Theorie stets an der Praxis gemessen, bleibt somit nicht abstrakt, sondern orientiert sich an den Bedürfnissen aller Organisierten. Die etwa 40 Ortsvereinigungen und Syndikate der FAU sind aktiv in Betrieben, im Erwerbslosenbereich, an Universitäten und an Schulen. Sie führen Arbeitskämpfe, treiben ausstehende Löhne ein oder helfen gegen Ämterschikane. Die Hilfe ist konkret. Gemeinsame Erfahrungen werden ausgewertet und Strategien erarbeitet. Hilfsmittel dazu sind Webseiten (www.fau.org, wie auch zahlreiche Lokalpräsenz), das Bundesorgan „Direkte Aktion“, wie auch diverse Lokalzeitungen, ein Mitgliederrundbrief, eine umfangreiche Vernetzungsstruktur, Regional- und Bundestreffen oder auch Delegiertentreffen zu bestimmten Aufgaben. Die FAU legt großen Wert auf die Selbstdisziplin, Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit, Verbindlichkeit, Kontinuität und Ausdauer ihrer Mitglieder.

 

 

1. Mai 2007, Berlin

 

 

Werksgelände "Strike-Bike": Nordhausen, 2007

 

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