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Besprechung:
Oliver Steinke: „Wo dein Platz, Genosse, ist…“
Widerstand der KPD und anderer Gruppen aus der Arbeiterbewegung gegen die
faschistische Diktatur in Deutschland 1933-1945 aus libertärer Sicht, Syndikat
A, Moers 2007
Oliver Steinke, Autor mehrerer lesenswerter historischer Romane, beschreibt in
dieser Broschüre den Widerstand von KPD und anderen illegalisierten Parteien
während der Nazidiktatur. In gewohnt lebendiger Schreibweise präsentiert er mit
vielen anschaulichen Beispielen einen kritischen Streifzug durch die
Widersprüchlichkeit der Parteipolitik in Deutschland. Dabei berührt er auch ein
Stückweit Exilpolitik und Spanischen Krieg und stellt besonders die Diskrepanz
zwischen den widerständigen Notwendigkeiten in Deutschland und der
übergeordneten Direktiven aus Moskau heraus. So hätte der im KL Buchenwald
inhaftierte und 1944 ermordete KPD-Führer Ernst Thälmann von seinen GenossInnen
befreit werden können, was jedoch am Unwillen der Moskauer Zentrale scheiterte.
Die SPD wird als reaktionäre Partei dargestellt, welche durch ihre vielfachen
militärischen Schläge gegen die revolutionären Arbeiterschaft in Deutschland dem
Nazifaschismus erst den Weg bereitet hat und in den dreißiger Jahren die Listen
der politischen Polizei über revolutionäre Arbeiter an die neue Papen-Regierung
übergab, von wo aus sie 1933 schließlich bei den Nazis landeten. Doch hatten die
Arbeiter auf eben jenen Polizeilisten ihren Kampf schon in den revolutionären
Jahren 1918 bis 1920 verloren, wie der Autor es richtig und mit vielen
Beispielen auf den Punkt bringt.
Über eine Menge Kritik an diesen zentralistischen Parteien lässt sich auf die
Gegensätze libertärer Ansichten schließen – ausgeführt werden diese jedoch nicht
in der Broschüre, genauso, wie diese Kritik grundsätzlich wenig in die Tiefe
geht, sondern sich stets an einzelnen Ereignissen, und hier nur am Verhalten der
KPD im Widerstand festmacht. Denn was fehlt, ist die Kopplung der Kritik an der
KPD an die postulierte „libertäre Sicht“. Der Autor versucht diese zwar
auszugleichen, indem er ein Kapitel über den „dezentral organisierten
Widerstand“ der FAUD anfügt, jedoch fehlten auch dort sämtliche grundsätzlichen
libertären Gesichtspunkte dieser anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft. Weder
geht der Autor auf deren Prinzipien, noch auf die Organisationsstruktur ein. Ein
Kapitel zur Entwicklung der anarcho-syndikalistischen Bewegung bis 1933 fehlt
fast vollständig. Der Autor fixiert sich auf die Widergabe von nicht ganz
stimmigen Mitgliederzahlen der FAUD und nennt einige - leider nicht alle -
wesentliche Ursachen für den Niedergang der anarcho-syndikalistischen Bewegung
in Deutschland. Aber was waren die Wesensmerkmale der FAUD? Was waren ihre
Ziele? Worin bestanden die Gegensätze zur KPD? Gerade mit diesen Fragen ließe
sich eine grundsätzliche Kritik „aus libertärer Sicht“ an der Parteipolitik,
ausgehend von der Kritik am Parteienwesen generell formulieren. Leider bleiben
sie unbeantwortet.
Im weiteren Verlauf gibt der Autor dann einen guten Überblick über den
anarcho-syndikalistischen Widerstand in Deutschland und stützt sich dabei auf
ebenso lesenswerte Literatur. Dennoch fehlt hier ein zumindest kurzer Abriss der
anarcho-syndikalistischen Faschismusanalyse. Denn auch darüber hätte sich die
grundsätzliche libertäre Abgrenzung zur KPD-Politik anschaulich formulieren
lassen.
Insgesamt halte ich bei dieser Broschüre den Anspruch für zu hoch formuliert:
Die Beschreibung des Gegenstandes („Widerstand der KPD“) gelingt mit leichten
Schwächen, die Gegenüberstellung von Parteipolitik und „libertärer Sicht“ bleibt
aufgrund mangelnder Beschreibung des „libertären“ jedoch stark unterbelichtet.
HD, Januar 2008
Broschüreninfo hier
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